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 Der Strandräuber schlägt zurück

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Avatar  Der Strandräuber schlägt zurück  (Gelesen 1032 mal) 0
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(versteckt)Themen Schreiber
#0
19. September 2011, um 22:51:10 Uhr

Verdammt - ich sollte nie in diesem Webinterface längere Texte schreiben. Irgendwo versehentlich draufgeklickt (nein nicht Reload) und das Fenster war wieder leer, auch ein Klick auf Zurück brachte den verlorenen Inhalt von 20 Minuten Tippen nicht zurück!!!  Weinen

Je weiter östlich man als armer Strandräuber seine Jagdgründe ausdehnt, desto geringer ist oft die Beute. Grund ist nicht unbedingt, dass die Touristen in Ostdeutschland so arm sind, dass man ihnen in bester Robin Hood-Tradition noch den einen oder anderen Euro rüberreichen müsste. Sondern es sind oft Fremdländer, die in Manier der alten Wikinger über unsere Ostseestrände herfallen und ihnen in gut organisierten Gruppen oder als ausdauernde Einzelkämpfer alles entreissen, was des Strandräubers Beutespektrum entspricht, namentlich aus den polnischen Nachbargefilden.

Und so beschloss der Strandräuber, erbarmungslos auf ihrem eigenen Territorium zurückzuschlagen, und zwar zwischen Gdynia und Sopot.
Überraschend landete er am Mittwoch abend am Strand von Gdynia an und begann dort ungehindert mit der Verwirklichung seiner Plünderungsabsichten. Dabei hatte er mit zahlreichen Widrigkeiten zu kämpfen, neugierige Passanten, deren Sprache er nicht verstand, waren noch das geringste seiner Probleme. Es begann bereits mit den Leitwerten: Was in der Heimat meist Folie oder dünnes Blech signalisiert, waren hier durchaus Münzen. Besonders fies waren die besonders kleinen Münzen. Solch eine 1 Grosz-Münze, die wertmäßig derzeit weniger als einem viertel Cent entspricht, gibt ein ganz großes Signal mit der dringenden Bitte "Hol mich raus!" Die kleinen Biester bestehen scheinbar nicht aus einer leicht ummantelten Stahlplatte und sind daher unvermeidbar. Und natürlich werden die auch ganz besonders gern vergraben, nicht etwa die 5 Zloty-Stücke.
Wieder einmal gehörten etliche Kronkorken zum Fundspektrum. Schlimmer waren die Dosenlaschen, mit denen der Strand regelrecht verseucht war. So begann die Karriere des Strandräubers als unbezahlter Mitarbeiter der polnischen Stadtreinigung. Nun ja, nicht ganz unbezahlt:
Am Ende des Tages standen 29 Zloty, ein Spielzeugauto und ein USB-Stick vom Strandspielplatz zu Buche. Letzteren hatte nach Ansicht der auf ihm befindlichen Daten ein urlaubender polnischer Rechtsanwalt verloren, den der Strandräuber noch nicht zwecks "Lösegelderpressung" und Rückführung erreichen konnte.
Das Geld reichte immerhin für zwei große Bier an der Hotelbar, so dass der Strandräuber müde und nicht mehr so ganz nüchtern, dafür aber hungrig (denn bei seiner Rückkehr hatte die Küche schon geschlossen), in den Schlaf fiel.
Am zweiten Abend beschloss er, den ca. 8 Kilometer langen Strandabschnitt in Richtung Sopot in Angriff zu nehmen. Die ersten Kilometer wanderte er aufgrund der unklaren Kartenlage mit Sonde im Gepäck. Er gedachte sich trockenen Fußes am Fuß des auf dem Wege liegenden Cliffs vorbeizuschlängeln und danach mit Sondeln zu beginnen.Es sah auch zunächst alles recht gut aus, die Ostsee lag recht still, so dass ein schmaler Pfad des betonierten Cliffabschnitts frei war. Leider galt das nicht für die letzten 10 Meter vor dem Ende, so dass der Strandräuber umkehren musste und mit akrobatischen Kletterübungen das Cliff oberhalb der Betonmauer zu überwinden suchte.
Kaum begann er mit der Kletterei, gab es einen lautlosen Knall und eine gewisse Hosennaht der leicht spannenden Hose hatte sich freizügig geöffnet. Da wohl kaum jemand den Strandräuber von unten anschauen würde (es war kein Strandwetter) und die Dämmerung langsam begann, war das eher eine Erleichterung des weiteren Vormarschs statt einer Peinlichkeit.
Und so ging er weiter. Bald kam er an einer Seebrücke an, hoffend, bereits in Sopot angekommen zu sein. Doch nein, es war ein Teil von Gdynia. Zumindest fanden sich hier die ersten Münzen und erheblich weniger Schrott. Je dunkler es wurde, desto länger zog sich die Strecke. Die ersten Blasen an den Hacken wuchsen. Doch schliesslich kam der Strandräuber tatsächlich in Sopot an, sondelte sich dort noch bis an die Seebrücke vor und gab gegen halb 11 auf.
Die Beute des Tages: 40 Zloty, kein Schmuck, auch sonst nichts von Interesse. Die Taxifahrt zurück kostete 45 Zloty.
Fazit des Ausflugs:
In Polen nix zu holen (zumindest nicht am Strand).
Die Summen entsprechen etwa dem, was man mit ähnlichem Zeitaufwand auch an heimischen, nicht abgesuchten Stränden finden kann - allerdings hierzulande in Euro.
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Nun war der Strandräuber gefrustet und wollte es wissen - an heimischen Stränden. Auf dem Weg zu einer anderen Veranstaltung machte er für 2 1/2 Stunden in Graal Müritz halt, kurz nachdem er den Tank seines Fahrzeugs mit 75 Euro teuer befüllt hatte und sich darüber ärgerte, erst kurze Zeit später die Tankstellen bei Karls Erdbeerhof, die immerhin 4 Cent je Liter günstiger waren, passiert zu haben.
Hier fand er grade mal 14 Euro und einen silbernen Ohrring, der der größere Bruder des neulich auf Poel geborgenen war. Kein großes Wunder - nicht nur die Saison war bekanntlich mies (kaum jemand legte sich freiwillig in den Sand, um Geld nachzufüllen), sondern es war auch bis zu einem halben Meter frischer Sand aufgetragen worden, wie man an den Strandkörben erkennen konnte.

Auf dem Rückweg zur Autobahn, der wieder an Karls Erdbeerhof vorbeiführte, ärgerte er sich dann noch mehr, denn der Dieselpreis einer der beiden Tankstellen lag jetzt sage und schreibe 11 Cent unter dem, mit dem er sein Gefährt in Rostock befüllt hatte. (Das scheint Methode zu haben, da auch vor einigen Wochen genau diese Tankstelle gegen Feierabend durch einen sensationell niedrigen Preis auffiel.)
Nach der Veranstaltung, die morgens um drei endete, machte er sich auf den Rückweg mit einer kleinen Einlage für den Chronisten auf einem Acker der ehemaligen Heimat - nur um dann wegen sich anbahnender Übermüdung irgendwann auf irgendeiner Raststätte erst mal gut 3 Stunden im sich auskühlenden Gefährt zu schlafen.
Nun galt es noch einmal: Kühlungsborn lag nicht weit vom Wege ab. Eine Erkundungsrunde sollte es sein - eine Bahn von West nach Ost und eine weitere zurück. 5 Stunden vergingen wie im Fluge. Wieder kein Schmuck, dafür eine Pächterin, die ihn aus ihrem Bereich verscheuchen wollte und noch irgendwas von "Wenn ihr wenigstens die Kronkorken einsammel würdet" brummelte. Glücklicherweise war die Müllsektion von Strandräubers Beutesack gerade prall gefüllt und wurde prompt präsentiert. Daraufhin wurde der Ton freundlicher und darauf verwiesen, dass die sondelnden "polnischen Reisegruppen" den Müll wieder hinwerfen würden.
Schliesslich gab es doch noch eine Robin Hood-Einlage: Ein kleiner Junge hatte den Strandräber entdeckt und verfolgte ihn. Gleichzeitig mit dem Strandräuber erspähte er eine aus dem Sand schauende 1 Euro-Münze. Beim Zugriff war der Strandräuber geringfügig schneller (trotz seines fortschreitenden Alters!). Dennoch erhielt der Junge aus Fairness-Gründen ein 50 Cent-Stück als Beuteanteil überreicht.
Pünktlich zu Regenbeginn erreichte der Strandräuber seinen Ausgangspunkt und begab sich auf den Heimweg.
In Kühlungsborn gab es deutlich mehr 2 Euro-Münzen, davon allerdings viele in grenzwertiger Tiefe. Auch hier war zum Teil frischer Sand aufgetragen worden, vermutlich durch die Stürme der letzten Wochen. Die Signale waren durchwachsen - so hatten sich die Leitwerte teilweise nicht an Gewohntes gehalten, ein flach liegendes 2 Euro-Stück erinnerte vom Klang und Leitwert her dermaßen penetrant an einen Kronkorken, dass es beinahe nicht geborgen worden wäre.

Die finale Münzzählung ergab einen Betrag von 61 Euro und ein paar Cent für diesen letzten Ausflug, womit sich die Tankfüllung ziemlich exakt wieder eingespielt hatte.

Anno domini 2011
Der Chronist des Strandräubers.


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« Letzte Änderung: 19. September 2011, um 22:53:57 Uhr von (versteckt) »

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(versteckt)
#1
19. September 2011, um 23:13:32 Uhr

Sehr schöner bericht!  Super
Und natürlich schöne Funde.
Hast mal geguckt was aufm usb stick drauf is?

Gruß
Hannibal

Offline
(versteckt)Themen Schreiber
#2
19. September 2011, um 23:20:57 Uhr

Ja, Vertragsunterlagen von einer polnischen Anwaltskanzlei (in polnischer Sprache).
Viele Grüße vom
Hauptmann a.D.

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(versteckt)
#3
19. September 2011, um 23:27:56 Uhr

Danke für diese schöne Geschichte Winken

Immer gerne wieder Super

Mfg Marcell

Offline
(versteckt)
#4
19. September 2011, um 23:56:27 Uhr

  Schockiert Gegen diese Aktion war unser Ausflug ja die reinste Kaffeefahrt !  Grinsend
    Herrje wie kannst Du Dich nur zu so einem Kraftakt motivieren,für Euromünzen !?
     Sehr anschaulicher Bericht,man meint,man sei dabei gewesen !

     Grüße Marco

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(versteckt)
#5
20. September 2011, um 02:37:50 Uhr

Sehe ich da richtig Schockiert links oben, eine 5 € MÜNZE???

« Letzte Änderung: 20. September 2011, um 02:39:33 Uhr von (versteckt) »

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(versteckt)
#6
20. September 2011, um 07:09:58 Uhr

@Token ... nö eine 5 Sloty-Münze ist das  Zwinkernd

Sevus Hauptmann, wie immer eine geniale Geschichte und immer interessant zu lesen. Haste dir wenigstens etwas bei Karls Erdbeerhof mitgenommen, leckere Erdbeermarmelade  Küsschen, die guten frischen Erdbeeren Küsschen, oder oder oder...
Dein alter Goldi funktionieert noch einwandfrei und immer wieder schöne Münzen zu Tage Smiley
 Beim nächsten forumstreffen musste kommen und deinen neuen Deus hier in unserer gegend ausführen und etwas räubern gehen   Reiter
Gruß
Erich  Winken

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(versteckt)
#7
20. September 2011, um 09:52:21 Uhr

Jaja so weit kommst noch das die 5 euromünze eingeführt wird. Dann wär aber der Euro langsam nixmehr wert. Grinsend Grinsend

Offline
(versteckt)Themen Schreiber
#8
20. September 2011, um 11:27:57 Uhr

Geschrieben von Zitat von Wanderfalke
   Herrje wie kannst Du Dich nur zu so einem Kraftakt motivieren,für Euromünzen !?

noch schlimmer, teilweise ja für Zloty-Münzen ...
Aber ein bissel Schmuck hätte ich mir schon erhofft.
Ansonsten - Motivationsförderung für Hobbyakzeptanz bei der besseren Hälfte? So ein Stapel Euros macht halt mehr her als ein Häufchen maroder Reichspfennige oder rostiger Eisenringe. Zumal ich mir ja grade erst das Scoop von Ogrikaze geleistet habe ... Die Dinger haben im Vergleich zu Computerteilen den Nachteil, dass man sie nicht mal schnell im Rechner versteckt.

Die zwei Stunden Alte-Heimat-Acker waren so lala (zwischen drei und fünf Uhr ist's ohne Schlaf dazwischen ein wenig schwierig, und der Acker, den ich mir am liebsten angeschaut hätte, war noch vermaist). Zudem klumpte der Lehmboden am Turnschuh und irgendwann kam die Feuchtigkeit durch.
Funde (neben Dosenblech): schlecht erhaltene 3 Pfenninge 18.., 1 Guter Pfennig (meine ich entziffert zu haben, nach der Reinigung war von Gut nicht mehr viel zu sehen), zwei Reichszinkleichen, ein sehr kurzes Schnallenfragment mit Herzen, ein golden glänzender Manschettenknopf (abgebrochen), wirkt allerdings wie Plastik, irgendein muschelartiger Annäher (für Miederhaken irgendwie zu dünn) sowie ein recht gut erhaltener kleinerer gegossener Blei(?)knopf. Der Acker hat zwar Potential, ist aber zu weit weg ...
Der Rückweg auf der anderen Straßenseite und dem feuchteren Acker brachte genau 0 Funde, die nicht Schrott waren.
Viele Grüße aus Prag vom
Hauptmann a.D.

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(versteckt)
#9
20. September 2011, um 15:58:36 Uhr

Tja Herr Hauptmann, erst mal vielen Dank für den herzerfrischenden Bericht!
Aber in Prag gibt es ja das so genannte Goldmachergäßchen .... vielleicht solltest Du da mal nach Verlorenem sondeln!? Zwinkernd

Gruß
Dixi

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(versteckt)
#10
20. September 2011, um 17:01:14 Uhr

Sensationell geschrieben. Vielen Dank für diese heiteren Minuten  Zwinkernd

Offline
(versteckt)
#11
09. August 2022, um 10:10:50 Uhr

5 Euro Münzen gibt es tatsächlich schon lange:
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https://www.bundesbank.de/de/aufgaben/bargeld/euro-muenzen/sammlermuenzen/5-euro-821344


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