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 Früher Schatzsucher fängt die Kanonenkugel!

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Avatar  Früher Schatzsucher fängt die Kanonenkugel!  (Gelesen 4150 mal) 0
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(versteckt)Themen Schreiber
#15
27. September 2010, um 07:24:16 Uhr

im Gesamten betrachtet sind die beiden Kugeln schon richtig rund,
das Einzige ist aber der 2mm Größenunterschied.

Wenn eine Kanonenkugel irgendwo hart aufschlägt, zerbröselt sie wahrscheinlich eher
oder bekommt eine Delle anstatt sich im Gesamten zu verformen, aber dazu müsste
man die Legierung genau kennen und Gusseisen bricht leichter als geschmiedetes.

Was bleibt sind die 89,5 versus 91,5mm und die unterschiedlichen Fundorte.

Wahrscheinlicher im Vergleich zur "Selbstherstellung der Tiroler" ist es, dass die beiden
Kugeln aus unterschiedlichen Jahrhunderten stammen, denn so schnell bastelt man auch
wieder kein Kanonenkugel-Produktions-Werk zusammen. Evtl. wurden die Kugeln ja
früher oder später optimiert, genau an den Kanonenrohr-Durchmesser angepasst.


Damit es nicht zu verwirrend wird nochmal die Eckdaten:

Die 89,5mm Kugel wurde 5km innerhalb Tirols gefunden und wahrscheinlich dazu
verwendet, die in den Rücken fallenden Franzosen vielleicht doch noch aufzuhalten.

Die 91,5mm Kugel wurde ca. 1km ausserhalb der Festung in fast 50cm Tiefe gefunden
und 10cm direkt neben ihr lag das unten abgebildete Kampf?-Messer - Länge ca. 16cm.
Das Messer fängt bei 0mm an, das ist nur durch den Fotowinkel etwas verzerrrt und auf
seiner Klinge befinden sich zwei eingestanzte oder gravierte x. Farbe leicht bläulich.

Drusus, wieviel Sechspfünder hast du denn und sind die wenigstens alle gleich?
Nicht dass es dir bei genauerem Hinsehen auch noch so wie mir ergeht! Grinsend Zwinkernd


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KaKu-Messer.jpg

« Letzte Änderung: 27. September 2010, um 07:30:20 Uhr von (versteckt) »

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(versteckt)
#16
27. September 2010, um 11:01:51 Uhr

Geschrieben von Zitat von Eldorado
und Gusseisen bricht leichter als geschmiedetes.
Weswegen die Kugeln nach dem Guss auch noch mal zur Rotglut gebracht wurden und dann mittels wasserkraftgetriebener Hämmer mit über 100 Schlägen noch mal überschmiedet wurden.

Ich fand bisher 9 Sechspfünder aus 2 Koalitionskriegen und dort jeweils von verschiedenen Fundorten: Acker (tief), Acker (oberflächlich), Wald (feucht), Wald (trocken), die ich meist nicht wirklich exakt einer Nation zuordnen kann, zumal in der ersten Schlacht Österreicher und Bayern dieses Kaliber verwendeten und in der zweiten gleich Österreicher, Bayern, Baden, Hessen, Württemberger und Franzosen. Bei diesen Kugeln ist mir auch aufgefallen, dass der Durchmesser nicht immer gleich ist. Liegt aber auch daran, dass sie an der Unterseite stärker korrodierten und Krater entstanden, sie also eher an Masse verloren, während sich seitlich eine stabile Magnetitsschicht bildete. Insgesamt schwanken die Durchmesser (seitlich gemessen) der Kugeln untereinander aber nur von 89,5 bis 90,5 mm und das Gewicht von 2535 bis 2656 g. Ein Freund fand im 2. Gebiet gar einen Sechspfünder mit nur 89 mm und 2490 g. Nun ja, die Amerikaner würden nun wahrscheinlich sagen, dass das die Bestimmung von Fundkugeln anhand Messen und Wiegen keine "Rocket Science" (also keine exakte Wissenschaft) ist Zwinkernd.

Aufs Gewicht kann man am allerweinigsten geben, außer die generelle Kaliberzuordnung. Gemäß dem "Leitfaden zum Unterricht in der Artillerie für die Königl. Preuss. Brigade-Schulen dieser Waffe" (2., gänzl. umgearb. Ausg., Berlin 1829) heißt es:

Das Durchschnittsgewicht der Vollkugeln soll betragen:
der 3pfdgen Kugel wenigstens 2 3/4 Pfd., höchstens 3 1/4 Pfd.
der 6pfdgen Kugel wenigstens 5 1/2 Pfd., höchstens 6 1/2 Pfd.
der 12pfdgen Kugel wenigstens 11 Pfd., höchstens 13 Pfd.
der 24pfdgen Kugel wenigstens 22 Pfd., höchstens 26 Pfd.


Hieraus erkenn wir, dass es sowohl deutliche Unterschiede im Gewicht bei Kugeln des gleichen Kalibers geben kann (z.B. fast ein Kilo beim Zwölfpfünder), die wohl z.B. durch unterschiedliche Zusammensetzung des Gusseisens oder auch durch Gussfehler (Luftblasen) entstehen können. Wichtig war v.a. dass der Durchmesser der Kugeln passte, das Gewicht war eher nebensächlich.

Viele Grüße,
Günter   


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(versteckt)Themen Schreiber
#17
28. September 2010, um 17:55:32 Uhr

Merci Drusus für deine ganze Bemühungen, Licht in Sachen Kugel-Herkunft reinzubringen. Cool

Und das sind ja fast schon Techniken wie beim zigfach gefalteten Samurai-Schwert,
um das Metall so stabil und spezial-konsistent wie möglich zu machen! Grinsend

Ich bin auch davon überzeugt, dass die Korrosion je nach Umgebung und Lagedauer
einiges an zehntel- wenn nicht sogar ganze Millimeter wegfressen kann.

Und evtl. kann Rost eine Kugel auch dicker machen, jenachdem wie hart diese Schicht ist,
die sich da bildet.

Übr. habe ich mittlerweile weitere Hohlkugel-Splitter gefunden und insgesamt festgestellt,
dass hier auch unterschiedliche Typen verwendet worden sein müssen:
Die einen sind nämlich "nur" ca. 2,5cm dick aber die anderen 3,5cm.

Nur was ich bisher noch nicht so ganz kapiert habe:
Mit welchen Kugeln haben die Franzosen im Kampf gegen Österreich 1805 nun genau geschossen?
Mit selbst gefertigten, bayerischen (das waren ja die Verbündeten) oder irgendwo zuvor erbeuteten?

« Letzte Änderung: 28. September 2010, um 17:58:45 Uhr von (versteckt) »

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(versteckt)
#18
28. September 2010, um 18:13:20 Uhr

Hi Eldorado,

Hohlkugeln gab's natürlich auch verschiedene. Die der Österreicher waren nach meinen Erfahrungen dünnwandiger und die der Franzosen hatten eine Besonderheit - die wurden zum Boden hin dicker, was zum einen verhindern sollte, dass die Kugel schon beim Abschuss zerbarst und zum anderen bewirken sollte, dass sie mit dem Boden - also dem Zündloch gegenüberliegenden Teil - zuerst auf dem Boden einschlug, falls sie nicht schon in der Luft explodierte.

Ich denke, aber das weiß ich nicht sicher, dass die Franzosen 1805 hauptsächlich mit ihren eigenen Kugeln schossen - also mit Vier-, Acht- und Zwölfpfündern. Ob die aber allesamt in Frankreich oder auch im verbündeten Bayern hergestellt wurden, weiß ich leider nicht. Erst gegen 1809 und vor allen dann im Russlandfeldzug verwendeten die Franzosen auch vermehrt Beute-Kanonen aus den vorherigen Kampagnen (1805, 1806/7 und 1809).

Viele Grüße,
Günter


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(versteckt)Themen Schreiber
#19
30. September 2010, um 09:21:37 Uhr

Super interessante Info! Super Super Super

Mir kam auch schon vor, als dass einige der Splitter nach einem Ende hin dicker oder dünner wurden.
Aber so gesehen ist das natürlich ein super Kennzeichen für französischen Hohlkugeln - wenn man
nur die richtigen Puzzleteile findet. Narr

Evtl. kann ich bereits jetzt sogar schon feststellen, ob eine meiner Hohlkugeln französisch war.

Würdest du es eigentlich aufgrund deiner Erfahrung bestätigen, dass Vollkugel-Splitter
(ausser man stellt sie selbst her...  Grinsend ) nach ganzen Hohlkugeln am 2. seltensten sind?

Ich weiß jetzt zwar nicht genau, mit welchen Ländern und Völkern etc. Napoleon & Co.
vor 1805 schon Krieg führte und dort Beute machte, aber wenn es uns gelänge, diese
damals tatsächlich "original französischen Kugeln" einwandfrei zu identifizieren, wären
wir schon einen großen Schritt weiter. Diese von dir erwähnten sehr seltenen 94mm Teile
scheinen es jedenfalls eher nicht gewesen zu sein. Und die bayerischen kommen zumindest
für diese 91,5mm dicke Kugel auch nicht in Frage, ausser die "Spezialrostschicht" hat sie dicker
gemacht. Wie ist denn das bei deiner Magnetit-Schicht? Geht die über die ursprüngliche Kugelgröße
hinaus oder hat sie sozusagen die einstige Größe "ersetzt"? Schockiert

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#20
30. September 2010, um 09:49:50 Uhr

Geschrieben von Zitat von Eldorado
Würdest du es eigentlich aufgrund deiner Erfahrung bestätigen, dass Vollkugel-Splitter
(ausser man stellt sie selbst her...  Grinsend ) nach ganzen Hohlkugeln am 2. seltensten sind?

Emm, meinst Du wirklich Vollkugelsplitter oder komplette Vollkugeln? Also bei mir sieht's mittlerweile so aus, dass ich einen Vollkugelsplitter und 20 intakte Vollkugeln (vom Drei- bis Zwölfpfünder gefunden habe), dann noch 70 Hohlkugelsplitter, zwei kaputte Kartätschkugeln und 84 intakte.

Bei Belagerungen und im Gebirge sind Vollkugeln wohl schneller gesplittert als bei Feldschlachten in normalem Gelände, wo sie kaum auf etwas hartes wie Fels oder eine Mauer treffen konnten. Und selbst diese französische Seite mit Gebirgsfunden weist nur eine zerbrochene Vollkugel auf:
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http://pacarelics1792-1794.blog4ever.com/blog/photos-cat-77318-1948289179-projectiles_d_artillerie___les_boulets_de_canon.html


Die Artillerie führte damals zwar pro Batterie am meisten Vollkugeln, also klassische Kanonenkugeln, mit sich, aber man muss ja bedenken, dass eine Hohlkugeln 25 und mehr Splitter zerbarst und eine Kartätschladung aus 12 bis über 100 Kugeln je nach Rohr-Kaliber und Kugelgröße) enthielt. Die oberflächlich geendeten Vollkugeln wurden nach der Schlacht meist wieder eingesammelt und die in den Boden eingedrungenen wurden oftmals schon wieder hoch gepflügt oder von Sondengängern gefunden (Hohlkugelsplitter und Kartätschkugeln werden oftmals von einigen Geräten bei entsprechenden Einstellungen diskriminiert). Also sind Vollkugeln sicher nach intakten Hohlkugeln am seltensten. Und geborstene Vollkugeln noch seltener, aber deswegen sicherlich nicht begehrter Zwinkernd.

Viele Grüße,
Günter

PS: eine gute Übersicht, gegen wen Frankreich wann Krieg führte, liefert uns Wikipedia:
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http://de.wikipedia.org/wiki/Koalitionskriege



« Letzte Änderung: 30. September 2010, um 09:52:00 Uhr von (versteckt) »

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(versteckt)Themen Schreiber
#21
02. Oktober 2010, um 08:43:41 Uhr

Das ist natürlich schon eine gigantische Sammlung die du hast,
aber wahrscheinlich auch Jahre wenn nicht Jahrzehnte langes suchen.

Danke auch für die interessanten links. Super

Und deine Auflistung bestätigt ganz genau was ich bereits vermutete,
dass Vollkugel-Splitter tatsächlich auch extrem selten sind.
Einen kleinen habe ich ja bisher zum Glück auch schon gefunden. Lächelnd

Herrlich übr. deine Schilderung bzgl. Kugeln einsammeln -
"Recycling im Mittelalter".  Grinsend Lächelnd Zwinkernd

Was uns jetzt aber noch fehlt ist die Frage, ob Kugeln durch Rost oder sich bildende Magnetit- etc. Schichten
letztendlich wirklich dicker oder dünner werden. Wenn man sie ganz hart bis auf den komplett unkorrodierten
Metallkern abfeilt etc. wurden sie sicher dünner, aber wie hart ist so eine Schicht, die nicht aus dem üblichen
weichen Rost besteht? Geht z.B. diese Magnetit-Schicht durch kräftiges polieren mit einer Stahlbürste weg?

Meiner Meinung haben die Franzosen 1805 auch selbst gefertigte Kugeln mitgeführt, die sich durch ihre
Größe von jenen der Bayern oder anderer Länder, Verbündeter und Kriegs-Schauplätze unterschied.
Denn andernfalls hätten sie auch ständig die genau zur jeweiligen Ex-Feindes-Kugel passende Kanone
verwenden müssen, was zu einer Riesen-Verwirrung geführt haben hätte können.

Ob Vollkugeln wirklich im Gebirge leichter zersplittern muss nicht unbedingt gesagt sein.
Je nachdem auf welche Ziele sie gefeuert werden; und harte Burgmauern gibt's auch im Flachland -
wobei die dort dann aber auch wieder leichter gefunden werden könnten,
ausser sie landen auf leicht absuchbarem Gebiet oder tief im Burggraben...  Narr

« Letzte Änderung: 02. Oktober 2010, um 08:45:29 Uhr von (versteckt) »

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(versteckt)
#22
02. Oktober 2010, um 09:17:17 Uhr

Ein geiler Fund  Applaus 

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