Diese Teile hab ich jetzt schon ziemlich oft gesehen, immer in der gleichen Art und ohne Parierelemente. Das
könnte ein Hinweis darauf sein, dass wir es mit einer eigenständigen Form zu tun haben, ähnlich den "süddeutschen Dolchmessern". Man muss bedenken: mittelalterlicher Dolche und Messer sind noch immer weitgehend unerforscht. Zu Messern gibt es inzwischen ein paar gute Publikationen, bei den Dolchen mangelt es bislang an Standardwerken (vielleicht ändert sich das, wenn ich mal Zeit habe

). Darum sind viele Dolchformen noch nicht ausreichend erforscht, vor allem was lokale Sonderformen, Variationen, Dolchmesser etc. betrifft. Die Literatur begnügt sich fast immer nur mit den großen, bekannten Formen wie Nierendolchen, Scheibendolchen, etc.
Was wir hier haben ist also zunächst einmal ein spätmittelalterliches Dolchmesser. Der Unterschied zwischen Dolch und Dolchmesser ist schlicht der, dass ein Dolchmesser nur eine Schneide hat (das ist terminologisches Begriffswirrwarr, funktionell gesehen ist auch ein Dolchmesser ein Dolch). Aufgrund der Klingen- und Heftform würde ich persönlich eine Datierung ins 14. Jahrhundert für wahrscheinlich halten. Zu dieser Zeit gibt es mehrere derartige Dolche, allen voran die große Gruppe der Dolche mit Knauf, also Scheibenknaufdolche, heraldische Dolche etc. Zur Befestigung der Knäufe ist das Heft dabei wie in diesem Fall verjüngt und an den Schultern sitzt eine Parierstange. Das Kuriose an den Stücken wie deinem ist, dass ich zwar schon viele solcher Klingen gesehen habe, die Gefäßteile aber nie vorhanden sind. Das kann entweder bedeuten, dass diese Teile auf irgendeine Weise verloren gegangen sind, oder dass sie aus organischem Material bestanden, das im Boden - ebenso wie die Griffschalen - vergangen ist. Hier würde sich vielleicht eine Nachsuche anbieten.
Anbei ein Bild von verschiedenen Dolchen derartigen Aufbaus, alle 14. Jahrhundert.
stekemest