[x] Bitte registrieren Sie sich um alle Funktionen des Forums nutzen zu können. Als Gast können Sie z.B. keine Bilder betrachten.

Registrieren          Schliessen
Achtung!
 >  Sondengehen > Fundreinigung und Restauration > Dokumentation von Funden > Thema:

 Nachträgliche Einmessung von Schlachtfeldfunden

Gehe zu:  
Avatar  Nachträgliche Einmessung von Schlachtfeldfunden  (Gelesen 2935 mal) 0
A A A A
*
0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.
Seiten: 1    Nach unten
Offline
(versteckt)Themen Schreiber
#0
16. April 2014, um 12:23:37 Uhr

Habe heute wieder eine spezifische Frage an die Schlachtfeld Spezialisten.

Ausgangslage:
In den Jahren 1979 bis 1995 habe ich Schlachtfeldfunde (Kanonenkugeln usw.) gemacht. Diese wurden damals auf Skizzen und Plänen eingezeichnet. Da wurden Enfernungen z.B. zu einer Mauer oder einem grossen Stein notiert. Jeder Fund ist nummeriert und lässt sich mit einer Fundort-Genauigkeit von 1 bis 8 meter zuordnen. Nun wollte ich mittels dieser Unterlagen die Funde nachträglich mit GPS einmessen. Erstaunt musste ich feststellen dass zu meinem Vorhaben Archäologen und Historiker unterschiedliche Meinungen vertreten.

Der Archäologe sagt: Nachträgliches einmessen sei nicht wissenschaftlich, es könne keine Genauigkeit erreicht werden. Die Mauer oder der Stein sei ev. nicht mehr am selben Ort, darum sollte das nicht gemacht werden. Es würde ausreichen, wenn ich den Flurnamen und eine Liste mit Fotos und weiteren Angaben zum abgesuchten Gebiet einreiche.

Der Historiker sagt: Er möchte doch dass ich eine GPS Einmessung vornehme. Eine Ersteinmessung am Fundtag sei ja auch nicht Metergenau. Ob jetzt eine Kugel ein paar Meter weiter nach rechts oder links gelegen habe, sei nicht tragisch. Vielmehr hätte er doch gerne eine Karte, wo er die Fundverteilung sehen könnte.

Was ist eure Meinung? Gerne auch Stellungsnahmen von Archäologen.

Vielen Dank für eure Bemühungen

Walter Gähler

Offline
(versteckt)
#1
16. April 2014, um 12:44:16 Uhr

Hallo Gähler,

ich kann nur dem Historiker zustimmen. Abweichungen von wenigen Metern verändern hier nicht die grundlegenden Erkenntnisse – insb. wenn es um Kanonen mit Schussweiten von über 1km geht.

Ich habe das Gefühl, dass manch Archäologe die Vorgehensweisen der klassischen Archäologie auf alles überträgt. Natürlich ist z.B. bei einem römischen Urnengrab alles cm-genau interessant, aber doch nicht für die Schlachtenarchäologie. Aber das ist auch ein Teilaspekt der Archäologie, der noch in den Kinderschuhen steckt. Vielerorts wird das seit Jahrzehnten gar nicht von Archäologen, sondern von interessierten Laien und Heimatforschern/pflegern betrieben. Da sind dann die Aufzeichnungen auch nur ungefähr. Das geht oftmals nicht anders, denn häufig wird z.B. nur das Auffangsieb eines Kartoffelernters ausgewertet und dann kann man halt nur noch sagen, dass diese Kartätschkugeln und Hohlkugelsplitter halt von einem bestimmten Acker stammen, aber nicht mehr von wo dort genau. Musketenkugeln in bewegter Erde wurden in de letzten 200 Jahren durch die landwirtschaftlichen Maschinen sicherlich auch schon um etliche Meter verschoben, so dass eine präzise Erfassung der Fundkoordinaten hier eh Augenwischerei ist.

Viele Grüße,
Günter


Offline
(versteckt)
#2
16. April 2014, um 12:51:47 Uhr

Der Historikern hat recht.
Ich habe auch schon öfter bei Ausgrabungen mit gemacht, da werden die Funde ganz normal mit einem Garmin eTrex eingemessen, die Genauigkeit liegt dabei meist bei +/-5m. Ich musste dann extra, die mögliche Abweichung, auf den Fundzetteln notieren.

Gruß Michael

Offline
(versteckt)
#3
16. April 2014, um 16:09:21 Uhr

Hallo,
wenn ich die Ausgangslage richtig verstehe wurden die Funde bereits eingemessen und kartiert, nur damals eben ohne GPS-Koordinaten.
Ich denke es ist schon richtig und wichtig die Funde in den Bezug zum heutigen GPS-System zu bringen.
Dazu muß nicht jeder einzelne Fund mit GPS-Koordinaten versehen werden, aber einige Schlüsselpositionen der alten
Karten sollten mit GPS dokumentiert werden.


Offline
(versteckt)
#4
16. April 2014, um 17:20:35 Uhr

Nachträgliches Einmessen ist im Normalfall Mumpitz, da aus dem Gedächtnis niemand mehr in der Lage ist so etwas genau zu machen.

Da hier die Daten per Hand eingemessen wurden kann man schon die Daten über GPS neu einlesen und auswerten. Allerdings müssen die Landmarken noch vorhanden sein und nicht verändert.

Funde von Schlachtfeldern genau einzumessen macht immer Sinn, denn wenn man es nicht macht haben die Fundstücke den wichtigsten Wert verloren. Wenn man die Daten doch nicht braucht..so what..Aber wenn man es nicht macht, kann man es hinterher nicht wieder nachholen.

Das die Lage von den meisten Musketenkugeln sich kaum ändert habe ich eindrucksvoll nachgewiesen!

Eine Fläche auf einem meiner Schlachtfelder wurde um 1935 durch eine neue Straße zerschnitten. Die eine Seite ist seit dem Wiese und nie wieder gepflügt worden und die andere Seite ständig Acker. Durch genaues Einmessen konnte eine Schlachtlinie von fast 200 m, mit verschiedenen Einheiten rekonstruieren. Die meisten Kugeln bei beiden Flächen waren nur ein /zwei Meter verschoben. Abweichler gibt es immer, macht aber in der Masse nichts.

Offline
(versteckt)
#5
16. April 2014, um 17:45:31 Uhr

Ich würde ein nachträgliches Einmessen vorschlagen. Dieses nachträgliche Einmessen kann ja vermerkt werden. Ich kenne einen Bronzehort, der im Laufe von Jahren der Ackerbewirtschaftung 70 m auseinander gepflügt wurde. Wenn nicht so stark gepflügt wurde oder erst später damit angefangen wurde, werden die Funde nicht so weit auseinander liegen. Musketenkugeln werden sich vermutlich anders bei Pflugberührung verhalten, wie ein bronzenes Pferdegeschirr. Ich gebe Jochim recht, dass dann aber auch sicher sein muss, dass konkret diese Kugel von dieser Stelle ist. Also ich könnte bei hunderten oder gar tausenden Kugeln nicht mehr sagen, welche wo lag. Aber wenn man genau weiß, dass die damals aufgelesenen Kugel von der Stelle sind, würde ich sie mit einer Koordinate einmessen und eine Streuung von a X b Meter angeben. Alle weiteren Funde sollten dann aber genau eingemessen werden. Ich werfe mittlerweile die Kugeln - sofern ich sie nicht einmessen möchte- wieder hin, wo ich sie ausgebuddelt hab, damit macht man ja auch nichts falsch. Ich habe neulich eine Stelle von sehr kleinen Kugeln mit 1,1 cm Durchmesser entdeckt. Ich hab erst mal jede Kugel separat eingemessen, mal sehn was sich draus ergibt. Keine Ahnung , ob es Pistolenkugeln oder eine Art Streugeschoss war. Reste von Gusszapfen sind dran. LG

Offline
(versteckt)Themen Schreiber
#6
16. April 2014, um 19:11:01 Uhr

Danke für eure Antworten.

Ich werde jetzt wie geplant die Funde nachträglich mit GPS einmessen. Da ich damals von  mehreren bestimmten Punkten Schritte abgezählt habe, schätze ich mal die Genauigkeit auf 1  bis 8 meter.

Mein Historiker ist so zufrieden. Wenn der Archäologe das später summarisch zusammenfassen will, kann es das ja machen. Ich mache es aber auch für meine Forschungen, ich will das selbst auf Google Earth haben, damit ich die Streuung sehen kann. Es bekommt dann auch jede Kartätschen- und Kanonenkugel je nach Grösse eine andere Farbmarkierung auf der Karte.

Es kann jeder Fund mit Nummer zugerordnet werden. Nur die Musketenkugeln habe ich damals nach Grösse summarisch zu einem Gebiet gezählt. Heute wird jede Kugel eingemessen und eingetütet.

Das einzige Problem für die Forschung ist, dass damals andere Sondler im gleichen Gebiet nichts dokumentiert haben, diese Daten fehlen nun.

.


Offline
(versteckt)
#7
27. April 2014, um 12:30:09 Uhr

 Winken
Bin jetzt auch ein stolzer Besitzer eines Garmin Etrex 20
Habs mir gekauft um interessante Funde festzuhalten und in ein paar jahren dadurch Siedlungen bzw Wege etc zu finden
Is nur mal so ne  Idee mal schauen obs klappt
Weil richtung Siedlungen müsste ja die Funddichte höher werden
Festgehalten werden nur für mich wichtige Funde
Vieleicht kann ich ja irgendwann auch mal Bodendenkmal den Denkmalamt melden


Offline
(versteckt)
Verwarnt
#8
27. April 2014, um 12:42:44 Uhr

In dem speziellen Fall haben aber Archäologe und Historiker beide Recht!
Zumindest jeder der Beiden bei seiner eigenen Ansicht der Dinge. Belehren
Zumindest ich kann beide Meinungen nachvollziehen. Engel

Offline
(versteckt)
#9
27. April 2014, um 17:34:46 Uhr

Geschrieben von Zitat von Suworow_Museum
Ausgangslage:
...wurden damals auf Skizzen und Plänen eingezeichnet. Da wurden Entfernungen z.B. zu einer Mauer oder einem grossen Stein notiert....

Der Archäologe sagt: ... Die Mauer oder der Stein sei ev. nicht mehr am selben Ort, darum sollte das nicht gemacht werden...

Wenn der Stein oder die Mauer nicht mehr vorhanden ist, kann der Archäologe auch mit
der Stellenangabe " X-Meter von Mauer oder Stein bis zum Fundort" nichts anfangen  Idee

Ich würde die vorhandenen Daten noch "digitalisieren" (GPS-Daten erfassen), solange
die Mauer oder der Stein noch "am selben Ort" ist. Irgendwann ist die Mauer oder der Stein
weg. Dann sind auch die vorhandenen Meterangaben "nutzlos".
Nur die Angabe von "Flurnamen" (auch noch ohne Flurstücknummer), wie der Archi meint,
ist auf jeden Fall zig mal (mehrere 100 Meter) ungenauer, als ein nachträgliches Einmessen.



Seiten: 1 
Haftungsausschluss / Nutzungsbedingungen Datenschutzerklärung Impressum Kontakt Mobile Version
Powered by SMFPacks WYSIWYG Editor