Alle Jahre wieder, so auch dieses Jahr, charterte der örtliche Anglerverein einen Bus, um sich für einen Abend zum Brandungsangeln nach Börgerende zu begeben. Brav entrichtete der Strandräuber seinen Obulus in Höhe von 20 Euro für Fahrt und Verpflegung, um sich unter die Mitglieder seines Vereins zu mischen.
Doch während alle anderen ihre Angeln bereitmachten, um Fische auf die Schuppen zu legen, zog der Strandräuber schon mal mit seiner Sonde den steinigen Strand entlang, immer wieder neugierige Fragen und süffisante Kommentare hörend und beantwortend.
Ein erstes Angelblei fand gleich an Ort und Stelle einen neuen Besitzer, auch ein schneller Euro erblickte gleich das Licht der Welt, doch dann war der Strand derart verseucht mit Schnapsdeckeln, dass der Strandräuber arge Mühe hatte, noch ein paar Münzen zu ergaunern. So hatte er, als er sich in Richtung Suppentopf begab, um für das leibliche Wohl zu sorgen, gerade mal 4,60 Euro in seinem Beutesack - nach anderthalb Stunden mühsamer Suche. Dazu noch ein DDR-Glückspfennig.
Nach der Stärkung wanderte er noch ein wenig am Strand lang und fand tatsächlich ein vom dortigen Angler deplaziertes Blei zwischen den Steinen - das hätte der wohl so nicht mehr wiedergefunden.
Dann schulterte er die Sonde, hielt den Daumen in den Wind und entschloss sich, Richtung Westen nach Heiligendamm von hinnen zu ziehen, nicht ohne vorher bei der Verpflegungsstelle Bescheid gegeben zu haben, ihm eine Bratwurst zur Seite zu legen, da er zur angesetzten Zeit nicht vor Ort sein würde.
Nach gut anderthalb Kilometern Marsch zeigte sich zu seiner Rechten ein schön sandbedeckter Strand. So kletterte er über riesige Steine wie eine nicht mehr ganz so junge Bergziege, um unmittelbar hinunter zu gelangen und unverzüglich mit der Suche nach weiteren Schätzen zu beginnen. Schnell kam auch wieder ein Euro des Wegs, um Strandräubers Tasche aufzufüllen. Ein weiterer DDR-Pfennig und eine dicke Münze mit Kleeblatt auf einer Seite - ein Kasino- oder Automaten-Chip? Doch dann ... ja was dann? Nichts mehr ... bis hinter die Seebrücke.
Nein, der Detektor war nicht kaputtgegangen, denn Schnapsflaschendeckel und rostige Kronkorken gaben sich immer noch ein Stelldichein unter der Spule. Sollten Gerüchte wahr sein, nach denen die Touristen in Heiligendamm nur noch ihre Kreditkarte in den Sand stecken? Oder sollten die Heiligen dermaßen knauserig sein? Neulich in Heiligenhafen sah es ja auch nicht besser aus. Oder war gar Mopper schon dagewesen?

An Sand allerdings herrschte kein Mangel - da, wo man sich letztes Jahr noch die Zehe an großen Steinen blutig hauen konnte, war dieses Jahr eine geschlossene Sanddecke vorhanden - die Treppen, die an der Seebrücke herunter an den Strand führten, waren fast bis zur Hälfte im Sand vergraben. So lassen sich natürlich auch kaum Altverluste finden. Und dieses Jahr war das Wetter nicht so geeignet, um zur Vermehrung von Münzen im frischen Sand beizutragen, die lieben es warm und sonnig.
Auf dem weiteren Weg bis zum Ende des Sandstrands fand sich dann noch sage und schreibe ein 50 Cent-Stück. Mit der bisherigen Ausbeute würde der Strandräuber ganz sicher von den Anglern verlacht werden. Da noch Zeit blieb, suchte er auf dem Rückweg im Zickzack-Modus erheblich gründlicher den Strand ab und wurde tatsächlich noch mit einigen Münzen belohnt. Kurz vor 22 Uhr gab es dann wieder ein Signal, das eigentlich nur von einem der zahlreichen Schnapsdeckel herrühren konnte - doch nein - es war ein Ring! Vermutlich Silber (der 925er Stempel, wenn es denn einer ist, ist dermaßen unkonturiert, dass man ihn nur mit gutem Willen erahnen kann), vom Material her hat er die Eigenschaften von Silber.
Als der Strandräuber die drei Kilometer zum Angelplatz zurückmarschiert war (eigentlich sollte der Hauptmann marschieren, der Strandräuber kutschieren, was mangels Gefährt aber nicht möglich war), und dort nach seiner Bratwurst fragte, war keine mehr da! Hatte der Grillmeister ihn doch glatt vergessen. Vor Wut hätte er am liebsten seinen Gutschein gefressen, glücklicherweise hatte er noch ein wenig eigene Marschverpflegung im Gepäck.
Nach 23 Uhr kam die Auswertung, leider wurde der Strandräuber nicht zugelassen, da seine Funde nicht so anrüchig waren. Und hier kann man nur sagen: Strandräuber 1, Angler 0. Nur 6 der 40 angereisten Angler hatten überhaupt auch nur je einen maßigen Fisch gefangen. Der Strandräuber hingegen hatte neben dem Silberring und 3 Angelbleien doch noch 36 Münzen im Wert von 23,50 Euro zusammengerafft. Unkosten wieder rein und in gut 6 Suchstunden noch sage und schreibe 3,50 Euro verdient für stetige Bewegung an der frischen Luft - da konnte kein Angler mithalten.
