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 >  Geschichte > Geschichte des Altertums > Kelten (Moderatoren: maxxblade, zenzi1) > Thema:

 lexikon der christlichen heiligen mit keltischem ursprung

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Avatar  lexikon der christlichen heiligen mit keltischem ursprung  (Gelesen 20425 mal) 0
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#30
14. August 2009, um 06:37:03 Uhr

Halali und so! Heute berufen sich auch die ostalpinen Jäger auf „ihren” Hubertus. Doch vor dem 18. Jahrhundert war der Hubert von Maastricht und Lüttich hierzulande noch weitgehend unbekannt. So sind ihm auch keine Kirchen geweiht, sondern höchstens kleine Kapellen aus dem 19. und 20. Jahrhundert. So sehr Hubertus in Belgien und den Niederlanden als „Apostel der Ardennen” gefeiert wird, so wenig hatte er einst in den Alpen zu suchen, wo die römisch-katholische Kirche zuvor auf den Nothelfer Eustachius als Jagdpatron gesetzt hatte, dem Hubertus später das Hirsch-Attribut „entlieh”.

Nachdem dieser Cernunnos-Nachnachfolger nun aber heute allüberall durch die heimischen Wälder pirscht, wollen wir ihm doch ein wenig nachspüren und seiner mythologischen Fährte folgen. Ursprünglich hatte der heilige Mann gar nichts mit Rotwild-Jagd auf dem Hut - Auf seinem Egghead soll der Gedächtnismeister nämlich lieber eine Bischofsmütze getragen haben. Die kam angeblich im Jahre 706 auf ihn, als er Nachfolger des in Lüttich (Liege) ermordeten Bischofs Lambert von Maastricht geworden sein soll. Die nächsten Jahre hatte Hubertus nichts anderes mehr zu tun, als sich im südlicher gelegenen Lüttich einen neuen Bischofssitz zu errichten und den von Maastricht aufzulassen.

Von Lüttich aus ging er schließlich daran, den heute zwischen Belgien, Frankreich und Deutschland gelegenen Ardenner Wald unsicher zu machen und dessen zuvor friedliche Bewohner zu verfolgen, die noch dem keltischen Glauben ihrer Ahnen anhingen und eine Muttergöttin verehrten, die die Römer Diana Arduenna genannt hatten. (Arduenna war das keltische Wort für das Hochland der Ardennen, dem Ausläufer des Rheinischen Schiefergebirges zwischen Maas und Mosel) Die „Mission” genannte legendäre „Heiden-Jagd” des Hubertus war ganz im Sinne der fränkischen Feudalherren, der Pippiniden und späteren Karolinger, die sich mit Hilfe der römisch-katholischen Kirche die Bevölkerung bis in die hintersten Winkel des Landes botmäßig machten. Umgekehrt kam der „Apostel der Ardennen” schließlich als eine Art Parade-Heiliger in den entsprechend geschmückten Stammbaum der sonst recht „unheiligen” fränkischen Hausmeier.

Was den legendären kapitalen Hirsch betrifft, den Hubertus - gleich Eustachius - im Wald getroffen haben soll, steckt dahinter natürlich kein christliches, sondern ein zutiefst keltisches Symbol: Er steht symbolisch für Cernunnos, den Herrn der Tiere und Heros der Muttergöttin, die die Römer z.B. noch respektvoll Diana Arduenna genannt hatten, analog ihrer eigenen Diana, uralte dreifaltige Fruchtbarkeits- und Mondgöttin, Domina des Waldes und der Tiere, deren Heros Silvanus hieß und wie Cernunnos Schutzpatron der Tiere war. Ein Kreuz am Kopf war beiden Heroen völlig fremd. Den katholischen Legenden diente das Kreuz später als Symbol der Zähmung und Überwindung des alten, naturverbundenen Glaubens. Hubertus hatte diesbezüglich ganze Arbeit geleistet! - Allerdings nicht in den Ostalpen, sondern in den Ardennen, wo die Berge immerhin bis zu 650 Meter hoch sind!

qwelle diekelten.at

mfg.zenzi


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#31
14. August 2009, um 06:39:10 Uhr

Der Reigen der katholischen Ersatzheroen zur „Katholisierung” unserer starrköpfigen keltischen Vorfahren wäre nicht vollständig ohne den angebliche Vetter Jesu und dessen Apostel Jakobus („Gott möge ihn schützen”) dem Älteren, der der Legende nach im Jahre 43 unter Herodes Agrippa I. in Jerusalem enthauptet(!) worden sein soll – nicht ohne natürlich vorher im Propagandadienst des katholischen Glaubens diverse Wunder und Heldentaten zu vollführen. So soll er einmal ungebeten einem Magier namens Hermogenes die Dämonen ausgetrieben und anschließend seine „Zauberbücher” ins Meer geworfen haben.

Lahmenheilung und Heidentauferei war bis auf den Weg zu seiner Hinrichtung Ehrensache für den potenten Apostel. Doch zur wahren Hochform lief der teure Jakob erst lange nach seinem Tode auf – bis hin zur skurilen Wiedererweckung eines Brathuhns, das darauf prompt vom Teller flog, einem jungen Pilger auf dem Weg nach Santiago aber indirekt das Leben rettete und an seiner statt einen hinterhältigen Wirt an den Galgen brachte! (Siehe Bild oben!)

Von Flattermanns Auferstehung zum Mauren-Untergang  ^

Bis der einstige Apostel Jakobus zum heroischen Einsatzkommando der neuen Kirche gehörte, und als solcher bei den Keltiberern im fernen Spanien die Christenheit zu beglücken und als deklarierter Matamoros (Maurentöter) die Ungläubigen, die Mauren, Juden und Ketzer zu erschlagen hatte, beschritt er selbst einen legendär langen mythologischen Weg, der ihn mit jedem Schritt mehr prädestinieren sollte, den Nachfahren der Kelten als Ersatz älterer Heroen und schlagkräftiger Vorkämpfer zu dienen. - Wobei Jakobs Initiationsweg erstaunlich viele Parallelen mit den keltischen Vorstellungen vom Kreislauf des Lebens aufweist, dessen „Eckpunkte” mit den drei Aspekten der Göttinnen-Trinität unserer keltischen Ahnen ident sind!

Jakobs Heiligen-Karriere beginnt damit, dass seine Gebeine angeblich rund 25 Jahre nach der Hinrichtung auf den Berg Sinai (Moses Berg) gebracht worden sein sollen, justament an jene Stelle, die später zur Grabstätte der Hl. Katharina erklärt, und mit dem noch heute existierenden Katharinenkloster überbaut wurde. Mit dem zweiten der „Hl. Drei Madln”, mit der Perle Margaretha, die nur eine andere Form der fruchtbaren Ambeth darstellt, verbindet ihn die urweibliche Muschel! (Raten Sie woher „Muschi” kommt, und welche bildhafte Symbolik dahinter steckt! - Vgl. Bild unten!) Und der Dritten im Bunde, der dunklen Barbara oder Borbeth, der Hüterin über Tod und Wiedergeburt ist er in Santiago überhaupt geblieben. (Vgl. Jakobsweg!) Auch in Ihrer Nähe steht sicher irgendwo eine Jakobs-Kirche, in der sich dann auch eine „Schwarze Madonna” befindet, die nicht vom Kerzenruß geschwärzt ist, sondern deshalb weil sie hier vor Borbeth steht!

Jakobus, wurde im Mittelalter ganz offensichtlich als Licht- und Fruchtbarkeitsheros hoch stilisiert, der selbst noch in Sachen Tod und „Auferstehung” den üppigen älteren Originalen in ehemals keltischen Landen Paroli bieten sollte, insbesondere dem Lug, dessen Lugnasadfest (1. August) Jakob mit seinem Festtag am 24. Juli ähnlich nahe rückte, wie Georg (23./24.4) dem Belenus (1. Mai). Somit ist es auch kein Zufall, dass Jakobus jährlich die ersten Äpfel reifen und die ersten Austern essen lässt.

Wegweiser zum Ursprung des Lebens und der Fülle  ^

Was die Äpfel angeht, hängen sie natürlich unmittelbar mit den Äpfeln des Ewigen Lebens zusammen. Und was Jakobs Muscheln betrifft, haben wir die eindeutige Beziehung zum Symbol der ewigen Fruchtbarkeit, zur weiblichen Muschi bereits angedeutet. In diesem Zusammenhang wollen wir abschließend noch auf „Jack in the Green”, auf jenen Grünen Jakob hin weisen, der heute noch englische Dorfkirchen schmückt, ganz nahe der hier als Sheela na Gig bezeichneten Muttergöttin, die in Stein gemeißelt ganz ungeniert vorführt, aus welch prallem Heiligen Quell alles Leben kommt. (Das Beispiel rechts zeigt die Sheela an der Dorfkirche von Kilpeck bei Hereford in Ostengland.)
Sheela na Gig, Kilpeck (GB) 

Was aber zuletzt dem Jakobus auch noch half, die Keltennachkömmlinge Europas von seiner eigenen Heiligkeit zu überzeugen, war seine verblüffende phonetische Ähnlichkeit mit YACCA/YACCOS, einem keltischen Wort für Heil und heilig!
qwelle diekelten.at
mfg.zenzi


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#32
14. August 2009, um 06:41:00 Uhr

Johannes der Täufer war bei der „Missionierung” der ehemals keltischen Länder ein hoch willkommenes Jahreskreis-Pendant zu Jesus – vergleichbar den „Paaren” >Georg und >Michael oder zuvor >Esus und >Cernunnos. (Vgl. der Hirsch auf obigem Bild!) Kein Wunder war es aber auch, dass dem katholischen Klerus zeitweise die Interpretationsgewalt über den bald populären Johannes entglitt, der so viele Anknüpfungspunkte für „keltisch-heidnische” Fantasie bot, dass noch im 20. Jahrhundert mancherorts die ganze „Johannis-Nacht” (Nacht zum 24. Juni) durch die Kirchenglocken geläutet wurden, um das gröbste Unheil der alten Glaubenswelt und ihrer „unkeuschen” (die Fruchtbarkeit fördernden) Bräuche abzuwehren!

Johannes („Jahwe ist gnädig”) der Täufer ist natürlich nicht zufällig der direkte „Sommer-Sonnenwende-Gegenpol” zu Jesus Christus (24. Dezember), dessen Festtag vom römischen Staatschristentum einst justament über den ehemaligen römischen Staatsfeiertag der „unbesiegbaren Sonne” (sol invictus) gestülpt worden war. Was dann den Sommerpart des Johannes in den keltischen Ländern so attraktiv machte, waren in der Tat seine starken Licht- und Fruchtbarkeits-Komponenten, seine mit wenigen Kunstgriffen herzustellende mythologische Nähe zu den vertrauten Licht-, Fruchtbarkeits- und (Wieder-) Geburts-Heroen der keltischen Ahnen.

Johannes als getaufter Licht- und Wiedergeburts-Heros  ^

Zur Symbolik des Johannes gehört prompt der (sein) Kopf – den Kelten nicht nur Sitz der unsterblichen Seele, sondern auch unmittelbares Symbol für Licht und (Wieder-) Geburt! Johannes soll auf Wunsch der Salome bzw. ihrer intriganten Mutter Herodias nach einem erotisch stark aufgeladenen Tanz geköpft worden sein. Das Schema zur Köpferei „christianisierter” Licht-Heroen ist eigentlich immer ident und längst durchleuchtet. Doch das Besondere an der Kopf-Symbolik bei Johannes ist die Darstellung des Kopfes auf einer Schüssel, die überraschenderweise im Großteil der Fälle keinen makaberen Anblick bietet, sondern starke Assoziationen zur Schlüsselszene einer Geburt weckt: Der Kopf des neugeborenen Kindes erscheint zumeist aus dem Schoss der Mutter, der lebenspendenden Vulva, wie auf einem Präsentierteller!


Salome tanzt vor Herodes um Johannes Haupt, Benozzo Gozzoli, 1461-62, National Gallery of Art Washington

Viele Johannis-Kirchen im Ostalpenraum – zumeist mit Fruchtbarkeitswünschen verbundene Wallfahrtsziele – besitzen (oder besaßen) solche fein geschnitzten Johannes-Haupt-Schüsseln. Gegen klingende Münze konnten die Gläubigen diese Kopf-Trophäen entleihen und zum Vortrag ihrer Wünsche dreimal im Uhrzeigersinn bzw. Sonnenlauf (kelt. deisiol) um den Altar tragen. Und da die Johannis-Kirchen über alten (vorchristlichen) Lichtkultplätzen erbaut worden waren, war man/frau dort mit seinen Wünschen natürlich auch den vertrauten Göttinnen und Heroen ganz nah. Und die katholische Kirche konnte auch insofern Gewinn daraus schlagen, als die Einnahmen aus dem Schüssel-Verleih beträchtlich waren! Was dann auch der Sanierung anderer Kirchen im Umkreis zugute kommen konnte.

Stehen die Johannes-Kirchen nicht auf den lichten Bergeshöhen, sind sie – analog dem Fruchtbarkeits- und Heileraspekt – mit dem Lebenselement Wasser, mit Quell-Heiligtümern und Heilbrunnen verbunden. Über den Heiligen Quellen und Kult-Plätzen unserer keltischen Ahnen ließen sich christliche Kirchen bauen. Bei den zugehörigen Ritualen im Vegetationskreislauf half dagegen oft weder Umdeutung noch Abwehrzauber. Zwar wurden die einst zum Sommerbeginn – für die Kelten zu Beltene (1. Mai) und mit der „Germanisierung” später zur Sommersonnenwende – rituell abgebrannten Feuer in „Johannis-Feuer” umgetauft, und nun darin u.a. Pferdeköpfe („heidnische” Licht- und Sonnen-Symbole) verbrannt, doch am Liebsten wurden sie (erfolglos!) verboten!

In Wien soll z.B. noch um 1500 der Tanz um das Johannis-Feuer durch Weichselwein und (paarungsbereite) Frauen und Männer orgiastisch angeheizt worden sein. Als die Kirche mit einer Art „Jugend-Prozession” mit Johannesfigur und Lämmchen konterte, verwendete die fromme Jugend das dabei gesammelte Geld, um sich anschließend anfeuernden Weichselwein zu kaufen und angeturnt am unchristlichen Treiben teilzunehmen oder als Pioniere des Koma-Saufens in die Geschichte einzugehen. Billiger war natürlich, sich am Johannistag bestimmte Kräuter selbst zu pflücken. An vorderster Stelle standen dabei Farnkraut und Farnkrautsamen für diverse Liebeszauber oder Johanniskraut - auch bewährt als Blitzschutzmittel. Die Beispiele ließen sich fast unendlich fortsetzen. Johannes war seinen frommen Einführern im Sog der alten Bräuche schlicht entglitten! (Worauf auch Leonardo da Vinci in seinen Johannes-Bildern gekonnt hintersinnig anspielt!)
qwelle diekelten.at

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#33
14. August 2009, um 06:42:32 Uhr

Katharina, die Helle, die Weisse, die Reine (eigentlich: Die Gereinigte, die in den Mythos Eingeweihte), wie ihr griechischer Name ins Deutsche übersetzt lautet, geht – im Gegensatz zu ihrer mythologischen „Schwester” Wilbeth – natürlich nicht unmittelbar aus keltischer Tradition hervor, sondern stammt aus der antiken Metropole Alexandria in Ägypten. Aus heutiger Sicht betrachtet war diese legendäre Figur, die im Gefolge der „Kreuzzüge” frühestens im 13. Jahrhundert auf uns gekommen ist, offenbar dennoch am nachhaltigsten geeignet, in den ehemals keltischen Ostalpen endlich wirksam an die Stelle der noch weit über ein Jahrtausend nach Christus angebeteten Wilbeth, des weißen und weisen Aspektes der „heidnischen” Göttinnen-Dreifaltigkeit (Bethen-Trinität) zu treten.

Der legendäre „Geburtsort” Katharinas, der katholischen Patronin von Weisheit und Wissenschaft, der Schutzheiligen der Philosophischen Fakultäten und Nothelferin für Eloquenz, konnte von allen „klassischen” Destinationen nur das hellenistische Alexandria im Nildelta sein, das in der Spätantike das bedeutendste kulturelle und wissenschaftliche Zentrum des östlichen Mittelmeers mit der damals größten (von Cäsars Truppen barbarisch zerstörte) Bibliothek der Welt war - und in frühchristlicher Zeit als Patriarchensitz (> Patriarchat Alexandria) einen höheren Rang einnahm als Rom!

Die erst im Mittelalter importierte Katharina bekam von der „siegreichen” römisch-katholischen Kirche zu ihrer Legitimation als Erbin der keltischen Wilbeth in den Alpen - sozusagen als „Waffen” und „Amulette” - alle nur erdenklichen Attribute beigefügt und umgehängt! Da ist als Erstes das Rad (engl. wheel), das uralte Symbol der Sonne: Die „christlichen” Ideologen des blutrünstig finsteren Mittelalter machten aus Katharinas Sonnen-Rad, das ursprünglich mythologisch und bildhaft eng verbunden war mit dem symbolträchtigen Spinnrad (zum Spinnen der menschlichen Schicksalsfäden), unter Zuhilfename obligat wüster Märtyrer-Legende, ein in dieser Zeit grausam „vertrautes” Marter-Instrument.

Kathis Insignien sind Bethen-Symbole - und Minerva läßt grüßen!  ^

An Insignien kamen noch Palme, Krone, Buch – und auch das Schwert – dazu, die in den Ostalpen keine genuin „christliche” Bedeutung hatten, sondern seit der Antike ausgewiesene Bethen-Symbole waren. Die Palme galt als internationales Sieges-Zeichen und als aus wärmeren Gefilden importiertes Sinnbild für Fruchtbarkeit und Ewiges Leben. Krone und Schwert waren seit alters her Insignien der Macht. Und das Buch symbolisierte schließlich – insbesondere im analphabetischen Mittelalter – ganz augenfällig die Weisheit.

Katharina von Alexandria, die ostalpine „Nothelferin” für Eloquenz, katholische Patronin der Wissenschaften und der Universitäten, ist nichts anderes als die alte, ewig junge, keltische Licht-, Weisheits- und Schicksalsgöttin Wilbeth im „christlich getauften, gereinigten” (aber recht durchsichtigen) Mantel. Und ihr Festtag ist der 25. November, der ehemals für Spinnerinnen wichtige Termin des Beginns der Schafschur - die dann Vorrang hatte vor der Tanzerei und anderen raschen Drehbewegungen. („Kathrein stellt den Tanz ein!”) „Entschleunigung” war - auch aus magischen Gründen - angesagt im keltischen Winter, in dem auch das Licht und die Sonne die Zeit nutzten, neue Kräfte zu sammeln!

   Doch dem Ganzen „heidnischen” Hintergrund Katha-rinas zuletzt noch extra „eins drauf”: Ihre Namens-base aus dem 14. Jahrhundert, die nachweisbare Hl. Katharina von Siena, die „Seherin”(!), von den dortigen Dominikanern „Mantellate” (die Umman-telte) genannt, geboren als 23. Kind eines reichen Schafscherers und Wollfärbers, hat ihr Grab justament in der römischen Basilika St. Maria sopra Minerva (über Minerva) erhalten. Und siehe da: Minerva, die mit Juno und Jupiter die göttliche „Kapitolinische Trias” des Römischen Imperiums bildete, war die italische Göttin des Handwerks, der Künste, der Weisheit und der Medizin!

 
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katharina_270.jpg
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#34
14. August 2009, um 06:44:15 Uhr

Koloman oder Coloman ist eigentlich nichts anderes als eine Art Berufsbe-zeichnung, also der „Zellenmann” oder Eremit, der in „heidnischer” Zeit ein abgelegenes keltisches Heiligtum betreute, das zumeist neben einer Herme (einem Pfahl oder einem Steinmal) eine Quelle und einen Heiligen Baum aufwies und frommen Pilgern Rast bot. So eine vorchristliche Pilgerstation befand sich auch auf jenem Felssporn am Südufer der Donau, auf dem seit rund Tausend Jahren das Stift Melk thront. Im Zuge der von Kaiser Karl propagierte Ost-Mission, der Unterwerfung ehemals „heidnischer” Nachbarvölker zur Errichtung des eigenen Großreiches, die vom Erzbistum Salzburg aus organisiert wurde, wurden die keltischen Zellen an strategisch wichtigen Stellen endlich in katholische Klöster umgewandelt. Dies geschah schließlich auch in Melk.

Mit der Niederwerfung des Herzogtums Baiern durch Kaiser Otto II. (973 - 983) und der Abtrennung großer Landesteile bis Pannonien und Istrien im Jahre 976 wurde an der Donau eine „Ost-Mark” (eig. marcha orientalis) eingerichtet und der Babenberger Liutpold (Leopold) I. damit belehnt. Der neue Mark-Graf aus der Gegend zwischen Bamberg und Würzburg musste für die ersten acht Jahre seine Zelte in Pöchlarn vis à vis von Maria Taferl aufschlagen, weil im benachbarten Königshof in Melk in dieser Zeit der Vogt des Salzburger Erzbischofes, Graf Sizo aus dem Geschlecht der mächtigen Sighardinger, selbstbewusst seinen Geschäften nachging. Der wird es - entgegen der Klostertradition - vielleicht auch gewesen sein, der Melk nahe der Peters(!)-Kirche mit einem katholischen Stift versah!


Heiligenmacher Heinrich I. mit Koloman im Hintergrund
Babenberger Stammbaum, 1489-92, Stift Klosterneuburg   Als Markgraf Liutpold 994 starb, ging die Mark auf seinen Sohn Heinrich über, der endlich in Melk residierte und sich im Jahre 1014 sein zwanzig-jähriges Regierungsjubiläum mit der Aufwertung „seines” Klosters krönen wollte. Da jedoch seine Berater offensichtlich nicht besonders fanta-sievoll gewesen sind, erfanden sie sich einfach einen Zellenmann - Koloman -, dessen Legende augenscheinlich von einem Bethen-Kult der „heidnischen” Wachau abgekupfert wurde, der auch Bezüge zum sonderbaren Kult um die „Hl. Kümmernis” aufweist. Koloman sollte künftig der Patron und das Fundament des Stiftes und des gan-zen Ost-Reiches (Ostarrichi) sein.

Nachdem Heinrich I. mit Koloman den ersten Reichs- und Landespatron Öster-reichs geschaffen hatte, ist die Legende des Heiligen in unseren Breiten nicht unbekannt. Zur Aufdeckung der keltischen Wurzeln gehen wir hier auf die wichtigsten Teile der sagenhaften Geschichte ein:

Es war einmal ein frommer Ire namens Koloman. Dem kam es in den Sinn ins Heilige Land zu pilgern. Brav machte er sich auf den langen Weg und kam im Sommer des Jahres 1012, im 18. Regierungsjahr des Markgrafen Heinrich I., in die spätestens von den Nazis so genannte Ostmark. Prompt fiel er in Stockerau vis à vis von Greifenstein ob seiner fremden Erscheinung und seiner fremden Sprache den wachsamen Ostmärkern auf. Ein Ausländer! Ein Spion! Vielleicht sogar ein böhmischer! Der Mann wurd ergriffen und in Schubhaft genommen. Da dem verstockten Fremden aber trotz sachkundigem Verhör (Folter) kein verständlicher Satz zu seiner Herkunft zu entlocken war, musste der Ausländer schließlich hängen. Den Hollerbaum hinter dem Kloster der Dienerinnen des Hl. Geistes soll man heute noch in Stockerau bewundern können.

Vom Reichs-Patron zum Kolomandl  ^

Der Kerl war so verstockt, dass er nach zwei Jahren noch immer ohne die geringsten Spuren der Verwesung am Holunder hing. Als ein Jäger seinen Speer in Kolomans Leib stieß - Wie hatte man wohl seinen Namen erruiert? - floss frisches Blut heraus als lebte er noch! Ein Wunder! Und weil Markgraf Heinrich zum Regierungsjubiläum einen passenden Landesheiligen für die Ostmark und seinen Regierungssitz in Melk braucht, wird Koloman endlich unter großer Anteilnahme der Bevölkerung vom Baum geknüpft, feierlich nach Melk überführt und dort ebenso feierlich am 13. Oktober 1014 bestattet! Dass ihr zwischen 1014 und 1663 amtierender Reichs-Patron nie formell heilig gesprochen wurde, tat der Zuneigung der Ostmärker keinen Abbruch. Noch heute soll er - nach dem Ökumenischen Heiligenlexikon - ungebrochen „im Bewußtsein vieler Österreicher lebendig” sein, was sich auch darin zeige, dass sie ihre Kinder ermahnten, „dass nicht das Kolomandl komme”!

Ach ja! Charme und Gemütlichkeit! Ein paar Glaserl Wein und dann noch das Lied von der Reblaus...! Halt! Nicht ablenken lassen! Wir sind doppelt auf der richtigen Fährte: nicht nur bezüglich Ostmark, sonder auch den Koloman betreffend! Dass solche Zellen-Männer oder Eremiten ihre keltischen Heiligtümer auch an der Donau hüteten, ist klar, und dass sie dort - gerade in der Wachau - schon vor den Römern Wein anbauten und genossen, ist es mittlerweile auch. Und als sich dann die Römer 15 v. Chr. am Südufer der Donau festsetzten, übernahmen sie nicht nur die alten Keltenstraßen und bauten sie zu römischen aus. Sie schnappten sich auch die Weinberge - wobei die besseren Lagen am „feindlichen” Nordufer lagen und liegen! Und sie knüpften schließlich auch an den regionalen Kulten und Ritualen an und adaptierten sie sich entsprechend.

Wenn wir uns z.B. den Gehenkten der Koloman-Geschichte näher ansehen, entsteht zuerst ein Widerspruch zwischen todeswürdigem Verbrechen und anschließender landesweiter Verehrung. Entweder stimmt die Geschichte nicht, oder sie ist - aus Gründen der christlichen Zensur - falsch überliefert. Tatsächlich ist der vorgebliche Widerspruch ganz einfach aufzulösen: In „heidnischer” Zeit - und wer weiß, ob sie schon vorbei ist - gehörte es zu den Ritualen in Wein- und Obstbaugegenden, zwecks guter Ernte Abbilder verehrter Fruchtbarkeitsgötter in die Gärten zu hängen! So baumelten in den Bäumen und Hecken der Wachau wie andernorts kleine Statuetten von Bacchus bzw. Dionysos - und vor und neben den römischen Fruchtbarkeits-Heroen rundum die keltischen!

Der Holunderbaum (Sambucus nigra), der weniger ein Baum als ein (schnell-wüchsiger) Strauch ist, ist zum Hängen erwachsener Menschen eher ungeeignet. Die uralte Heilpflanze begleitet jedoch die Menschen seit der Jungsteinzeit und beherbergt nach dem Volksglauben „Gute Geister”. Der Baum oder Strauch der Frau Holle bzw. der holden Bethen-Trinität wurde früher bewusst nahe der Häuser, der Stallungen und der Felder gesetzt, um zu schützen, Fruchtbarkeit und Heil zu gewähren. Und noch heute werden von Irland bis in die Alpen solche und ähnliche Heilige Sträucher mit Bändchen, Bildern u.ä. behängt. Der Holunder ist kein Galgen, er ist Bestandteil Heiliger Orte. Und bei allem Respekt für Frau Lore Kufner und ihr tiefes Wissen (Siehe Buch-Tipp): Der germanische „Hängegott” Odin ist - zumindest in den Ostalpen - nicht das Äquivalent unseres Koloman! Da sei zur Not Bacchus, Dionysos, Dionysius oder die Kümmernis (Kummer-Vertreibende) vor, die auf ihren Bildern ähnlich wie Koloman rumhängt!

qwelle diekelten.at
mfg.zenzi


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#35
14. August 2009, um 06:45:47 Uhr

Mit der so genannten Hl. Kümmernis hat die römische Amtskirche seit Jahrhun-derten ihre liebe Not. Doch da sie aus dem Volksglauben nicht zu tilgen war, musste diese verwunderliche Beschützerin der Frauen je nach Zulauf gedultet bis integriert werden. Die starke Jungfrau (lat. virgo fortis > Wilgefortis) soll eine sizilianisch oder portugiesische Prinzessin gewesen und um 130 dem Christentum beigetreten sein. Und weil die frommen Jungfrauen damals angeblich alle Jungfrauen bleiben wollten, bat die unsere ihren mythologischen Bräutigam Christus, sie durch einen Bart zu verunstalten bzw. ihm ähnlicher zu machen.

Der Heiland besorgte ihn ihr - den Bart - und Prinzessin Liberata war zufrieden! Nicht so der königliche Papa, dessen dynastischen Überlegungen schamlos durchkreuzt waren. Der Mann tobte und ließ seine pubertierende Tochter ans Kreuz nageln, damit sie ihrem himmlischen Bräutigam noch ähnlicher werden könne. Da hing sie nun volle drei Tage und predigte, auf dass das versammelte Volk sich an ihr ein Beispiel nähme und auch christlich würde - was schließlich auch geschah, bis hin zu ihrem Vater.

Der König bereute und errichtete - da er ja nun eine eigene Familien-Heilige hatte - derselben eine Kirche samt Kreuzigungsskulptur von ihr. Vor dieser fiedelte später ein armer Bettel-Musikant auf seiner Geige. Dafür offerierte ihm die Gekreuzigte mit dem Bart einen ihrer goldenen (oder silbernen) Schuhe (siehe Bild oben). Als der Jüngling darauf den Damenschuh „versilbern” will, wird er des Diebstahls bezichtigt. In höchster Not bittet er um einen Lokalaugenschein, bei dem ihm St. Hülferin als rettenden Beweis auch noch den zweiten Schuh zuwirft.

In den Ost-Alpen wird die sonderbare Wilgefortis oder Kümmernis besonders in Tirol und Südtirol verehrt. Doch ist sie auch andernorts unter vielen Namen aber im ähnlichen Habitus (als Frau am Kreuz oder zwischen zwei anderen Frauen an Bäumen hängend) eine in West- und Mitteleuropa weit verbreitete und beliebte Schutzpatronin der Frauen und uralter Frauen-Kultplätze, die offensichtlich eng mit der keltischen Bethen-Trinität verbunden ist.

Zum Schuhausziehen: Die hatscherte Volto-Santo-Ausrede  ^

Die der Kümmernis angedichtete Verwechslung mit gekreuzigten Christusfiguren im Ornat, wie z.B. im Dom zu Lucca - genannt Volto Santo (von lat. vultus sanctus = hl. Antlitz, Gestalt) - ist weniger wahrscheinlich als eine absichtliche Rückkehr zur Vorstellung weiblicher Gottheiten mit weiblichen/mütterlichen Stärken. In diesem Licht sollten z.B. auch die legendären, hingegebenen Schuhe der Jungfrau Kümmernis betrachtet werden, der einst sogar ihr lüsterner Vater nachgestellt haben soll: Sind doch Schuhe seit der Steinzeit Fruchtbarkeits- und Sexual-Symbole, eine alte Metapher für den weiblichen Schoß, für die Vulva, die der junge Mann mit der Geige von seiner Angebet(h)teten zum Geschenk erhält. (Wenn Sie zum nächsten Nikolaus-Tag Schuhe oder Stiefel zur Aufnahme von Äpfeln und Nüssen bereit stellen, denken Sie auch an die Fruchtbarkeitspatronin Kümmernis!)

Wen mag es da noch wundern, dass die sagenhafte Heilige hauptsächlich für Fruchtbarkeit- und „Frauen-Angelegenheiten” zuständig war - bis hin zur Ver-mittlung eines passenden Geliebten. Als Votivgaben erhielt sie im Gegenzug wächserne, eiserne oder gar silberne Nachbildungen von Kröten(!), die seit Jahr-tausenden die Gebärmutter symbolisieren („Bärmutterkröten”). In Bayern war die Kümmernis einst sogar eine Art weibliches Gegenstück zum omnipotenten Leonhard, kurzum ein „Weiber-Leonhard”. Die römisch-katholische Kirche konnte jedenfalls nicht umhin, diese vorchristliche Entkümmerin der Frauen zu dulden - auch wenn man ihre Votivbilder, wo es nur ging, mit der Zeit abhängte, verbrannte oder zumindest in Depots versteckte. Trotz des umgehängten Bartes blieb die starke Jungfrau eine der vielen hartnäckigen Erscheinungsformen bewahrter (keltischer) Göttinnenverehrung.

qwelle die kelten.at

mfg.zenzi


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16. August 2009, um 09:02:45 Uhr

Lorbeer, Siegessymbol und Pflanze des Licht-, Weisheits- und Heilergottes Apol-lon, ist die ruhmreichere Seite der Erklärung des Namens Laurentius: Der Lorbeerbekränzte. Wobei der Heilige allerdings höchst suspekt wäre! Waren doch zu „seiner” frühchristlichen Zeit (Lorbeer-) Kränze Berufsabzeichen der „heid-nischen” Opferpriester und von den Christen zutiefst verpönt! Da gäbe es dann noch die harmlosere Erklärung, dass Laurentius lediglich bedeute „Bürger aus Laurentum”, einer kleinen Stadt in Latium, die laut Vergil einst dem Trojaner Aeneas als Exil diente, aus der damals die „echten” Latiner gekommen seien, und die heute Torre Paterno heißt.

Nähe zu Aeneas war ein besonderer Adel, auf den sich auch Caesar berief. Doch können wir sicher davon ausgehen, dass der Lorbeer der Schlüssel für unseren Laurentius ist - trotz vernebelnder christlicher Legende, die wir hier kurz nach erzählen. Der Christen-Bischof von Rom, Sixtus II. (257/58), soll Laurentius auf einer Reise in Spanien entdeckt und zu seinem Diakon, Stellvertreter und Finanzchef gemacht haben. Dann sei Bischof Sixtus wenig später einer Christenverfolgung erlegen und sein Diakon habe den Kirchenschatz lieber unter den Armen Roms verteilt, als ihn dem Kaiser auszuliefern.

Kaiser Valerian war „not amused” und rächte sich an Florianus, indem er ihn zuerst geißeln, mit Bleikugeln schlagen und zwischen heißen Platten toasten ließ, bevor Kerkermeister Hippolytus den Auftrag erhielt, den zähen Dissidenten am Rost gar zu grillen. Was dieser zum Schluss angeblich damit quittierte, dass er zuletzt sein gegrilltes Fleisch noch ironisch selbst anbot. Vollstrecker Hippolytus war jedenfalls derart stark beeindruckt, dass er sofort nach Laurentius Exekution der römischen Christengemeinde beitrat und höchstpersönlich sein Opfer Laurentius bestattete.

Die makaberen Geschichten könnten allerdings auch erst zu Kaiser Konstantins Zeit (313 - 337) erfunden worden sein, als sich dieser aus dem organisierten Christentum seine schärfste ideologische Waffe schmieden ließ, und dafür bereits auf hunderte legendäre Märtyrer (Blut-Zeugen) zurück greifen konnte. In Rom ließ der mörderische Fuchs fluchs eine Kirche S. Laurentius ex muros (außerhalb der Stadtmauer), heute San Lorenzo fuori le mura, eine der sieben Hauptkichen Roms, über dem angeblichen Grab erbauen und Lorenzo zum Stadtpatron machen.


San Lorenzo fuori le mura, Rom

Trotz Stephanus, dem zweiten Stadtpatron Roms, der ihm von Konstantinopel kommend im 5. oder 6. Jahrhundert in den Sarkophag dazu gelegt worden sein soll, sind wir damit natürlich noch nicht bei Laurentius Verbindungen zu den älteren keltischen Heroen. Dazu schnuppern wir noch ins süddeutsche und alpine Laurenzi-Brauchtum, das uns im Nu offenbart, dass unsere keltischen Vorfahren wohl eine Art eigenen Laurentius oder Lenz hatten, der hierzulande bis Lauriacum/Lorch und zu den Feuerwehren auch der mythologische Vorgänger des legendären Florianus gewesen sein dürfte.

Martin Luther wusste noch zu berichten, dass man dem Feuerpatron Laurentius St. Florian „als Gesellen zugegeben” hätte und dass auch am Laurenzi-Tag „kein Christen-Mensch ein Feuer anzünde” und niemand dürfe sich mit einem brennenden Lichte den Häusern nähern. Es herrschte weiters die Ansicht, dass sich am Laurenzi-Tag die Erde öffne und ihre Schätze zeige. Laurentius hatte auf das Wetter Einfluss. Zu seinem Tag begann der Herbst. Laurentius half im Weinberg, dass die Trauben reiften, und nicht zuletzt - wie Apollonia - bei Zahnschmerzen.

Die Feuertabus weisen auf Keltenheros Belenus bzw. Beltene, die Nacht zum 1. Mai, in der alle Feuer gelöscht werden mussten, um sie an einem gemeinsamen Feuer an zentraler Stelle rituell neu zu entzünden. Zu Beltene gehört auch die angebliche Öffnung der Erde, die auf die Öffnung der keltischen Anderswelt hinweist. Der Wein deutet ebenso auf Lug und Lugnasad (das Keltenfest zum 1. August) wie Apollonia, die eine weibliche Form von Apollon darstellt. Es geht um Licht, Inspiration und die Heiler-Komponenten alter Keltenheroen - und um eine gute Ernte.
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#37
16. August 2009, um 09:04:29 Uhr

Ein ganz besonderer „Ross-Heiliger” ist der in Bayern und Österreich besonders auffällig verehrte Leonhard, vulgo Löwenherz, Bethen-Heros, Geburtshelfer und Patron der (Eisen- und Salz-) Bergleute, dem zu Ehren viele ostalpine Kirchen mit Ketten oder ähnlichem umgürtet sind. Dieser Patron, wird nicht zufällig ganz nahe Samhain (1. Nov.) gefeiert. Sein mythologischer Platz ist das große Fest zum Keltischen Jahreswechsel. Und sein Pferd ist keines zum Reiten, sondern - wie das des anderen katholischen „Jahresschwellen-Heiligen”, Stephanus - ein Symbol des Lichts und der Weisheit. Weiße Pferde waren unseren keltischen Ahnen bekanntlich orakelkundige „Mitwisser der Göttin”. Und noch heute können sie (zumindest im Volksglauben) zu Weihnachten oder Stefani reden und dabei die Zukunft voraussagen. (Vgl. die Sage vom Sprechenden Pferd)

Die spannende Vorausschau zum Jahreswechsel trug bei den Kelten natürlich nicht ein Pferd vor, sondern, wie wir an anderen Stellen ausführlich erklären, der oberste Fili oder Vates und das eben zum (keltischen) Jahreswechsel, zu Samhain und an den dafür ausersehenen Versammlungsplätzen. Bei diesem Anlass hatte der Fili die versammelte Gemeinschaft mit seiner prophetischen Rede buchstäblich zu fesseln, eine spürbar enge Verbindung dieser Gemeinschaft herzustellen - ganz nach dem Vorbild seines Schutzpatrons, des göttlichen Heros der Redekunst, Ogmios. Ein Gedanke, der so tief in der Bevölkerung der ehemals keltischen Länder verankert war, dass es davon sogar noch aus dem 15. und 16. Jahrhundert Darstellungen gibt, auf denen von der Zunge des - nach dem Geschmack der Zeit auf Herkules und Hermes uminterpretierten - Ogmios Ketten ausgehen, die in den Ohren seiner Anhänger enden, und die er derart „gefesselt” hinter sich her zieht. (Vgl. Sprache)


Als Herkules adaptierter Ogmios, Heros der Beredsamkeit & mythol. Leonhard-Vorfahr, in einer Darstellung des 16. Jh.

Und weils um Sprache geht, hier auch noch die sprachliche Verbindung, die unsere Leonhard-Entschlüsselung vervollständigt bzw. passend mit den anderen Teilen verknüpft: SLABRAD hieß auf Keltisch, Kette, Fessel, Bindung, und SOLABRAD die fesselnde Rede, die Redegewandtheit!

Vom Zukunftsdeuter-Patron zum Über-Heiligen  ^

Wo der Ersatz-Fili Leonhard heute den Platz- und Kirchenpatron abgibt, da stiegen bis fast ins Mittelalter die Samhain-Events, die Auftritte der keltischen Fili, die ihren Zuhörern vermittelten, wo´s lang ging! Der gute Leonhard hat seine vielsagende Kette schließlich deshalb, weil er mehr als tausend Jahre nach Christus endlich Ogmios zu ersetzen und von jenen Plätzen zu verdrängen begann, wo offensichtlich bis dahin um diesen Samhain-Termin (1. November), dem keltischen Winterbeginn und Jahreswechsel, noch immer orakelhungrige Heiden ihren vertrauten Glaubensvorstellungen und Ritualen anhängen konnten.

Daneben galt der Ersatzmann eines alten Bergmutter-Borbeth-Heros auch noch als ausgewiesener Geburtshelfer (siehe Bild ganz oben), auf den sich schon die Merowinger beriefen. Kein Wunder, dass der christliche Schutzpatron schließlich im Ostalpenraum auch als löwenstarker inoffizieller Nothelfer, ja sogar als omnipotenter Landesheiliger bis hin zu seiner herausragenden Rolle als „Bayrischer Herrgott” angebet(h)et und gefeiert wurde und wird - und das nicht nur nahe Samhain (1. Nov.), sondern als wichtigster Bauernheiliger des Mittelalters auch an den Juli-Sonntagen nahe Lugnasad (1. August).

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#38
16. August 2009, um 09:06:43 Uhr

Lucia, die „beim Morgenschein Geborene”, ist eine der vielen legendären „Jung-frauen” der katholischen Kirche, die eine nach der anderen, mit den fantastisch-sten Geschichten bewehrt, die kaum lösbare Aufgabe zugewiesen bekommen hatten, in den ehemals keltischen Ländern die Bethen, die hellen, glänzenden „Perchten” zu verdrängen und zu überstrahlen.

Lucia soll in Syrakus im sonnigen Sizilien geboren worden sein. Ihr Name geht je-denfalls unmittelbar auf das Licht (lat. Lux) zurück, und verbindet die „beim Mor-genschein Geborene” direkt mit Lucifer, den vom Christentum verteufelten „Sohn (-Geliebten) der Morgenröte”! Bevor Papst Gregor XIII. (1572-1585) im Jahr 1582 per Bulle „Inter gravissimas” und angemaßter Kraft seines „Amtes” den Kalender reformierte, indem er schlicht zehn Tage strich, war Lucias Festtag, der 13. Dezember, durch den bis dahin gültigen aber seit Cäsar bereits zehn Tage „vor gehenden” Julianischen Kalender, der Tag (nach) der Wintersonnenwende, der Termin der Wiedergeburt des Lichts!

Gregor erließ übrigens auch antisemitische Bullen (z.B. die Bulle „Sancta mater ecclesia”), und zum katholisierten Brauchtum zur Lichtjungfer Lucia gehört das Räuchern - ein uraltes Reinigungsritual, von dem der Begriff Rauhnächte stammt - mit „Judenkohle”, das von jenem Holz stammt, das am Ostersamstag rituell verbrannt wird. Es muss von der Schlehe (pruno spinosa) vulgo Schwarz-dorn sein, dem Strauch der „Schwarzen” Magie, aus dessen Zweigen der Legende nach die Dornenkrone Christi geflochten gewesen sein soll. Bei unseren lebens-lustigeren „heidnischen” keltischen Ahnen war der von der römisch-katholischen Kirche verteufelte Schlehdorn - wie der Apfel ein Rosengewächs - u.a. wegen seiner vielen frühen (fünfstrahligen) Blüten allerdings noch ein Symbol besonderer Fruchtbarkeit und Ewigen Lebens gewesen!

Lucias makabere „christliche” Symbole sind aber keinen Dornenkronen! Sie hat statt dessen in der Regel ein Schwert im Hals und/oder ein Paar Augäpfel auf einer Servierplatte. Letztere sollen die seherische Kraft ausdrücken, die für ihre hellen, weißen und weisenden „heidnischen” Vorgängerinnen bezeichnend war, und sie selbst als „getaufte” Lichtgöttin ausweist. Solche Augäpfel zieren übrigens auch Ottilia, die Patronin des Elsass und der Blinden, die sich ebenfalls auf dem 13. Dezember breit gemacht hat.
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#39
17. August 2009, um 08:44:02 Uhr

Margaretha, die Perle, die Frucht der Muschel (vgl. „Muschi”), die nach den alten Mythen aus göttlicher Befruchtung entsteht, gewinnt ab dem 11. Jahrhun-dert die Chance, in keltischen Ländern an Stelle alter Fruchtbarkeits-Göttinnen zu treten. Zu diesen „heidnischen” Muttergöttinnen zählt die irokeltische Morri-gain, die Meereskönigin (wörtlich: die Meergeborene), genauso wie die alpine Ambeth, der zentrale Fruchtbarkeitsaspekt unserer heimischen Bethen-Drei-heit.

Wie dem „Nothelfer-Madl” Katharina, dichtet die fromme Legende auch Margare-tha, der Perle im Kranz der katholischen Heiligengestalten und „Ersatz-Göttinnen”, die Herkunft aus einer berühmten hellenistischen Stadtgründung an, mit einem ebenso bedeutenden und mit Rom konkurrierenden Patriarchensitz: Margaretha, die mythologische Verwandte von Aphrodite, Isis, Venus, unsere „Nothelferin der Gebärenden”, soll einst in Antiochia, dem heutigen Antakya in Syrien zur Welt gekommen sein. Margaretha kam (im Dienst der römisch-katholischen Kirche im Reisegepäck der Kreuzritter) nach Europa, der Sitz des Patriarchats von Antiochia nach Damaskus (> Patriarchat Antiochia)

Margarethas zentrales Symbol für das Ewige Leben, für den Kreislauf „Geburt-Tod-Wiedergeburt”, die Schlange der Urmutter wurde im Rahmen der „Christianisierung” - die auch im Denken der Menschen zum einschlägig bösen Drachen oder Lindwurm (= Seeschlange, von kelt. lind für See) umgedeutet. Was aber Margaretha/Ambeth wenig anhaben konnte, weil sie dem Lindwurm der Legende nach – genauso wie der im Bodenmosaik der Basilika von Aquileia verewigte Jonas – unversehrt wieder entsteigt, also irdisch wiedergeboren wird oder „aufersteht”. - Ein wichtiger Aspekt, um bei den heimischen „Ex-Kelten” als Ambeth-Ersatz und Nothelferin angenommen zu werden!

Wer in der Relation Muttergöttin und „Lindwurm” dominiert, zeigt ein Blick auf Bilder wie z.B. jenes aus St. Leonhard über Tamsweg (heute im Salzburger Museum CA), das wir oben wiedergeben! Oft führt die schöne Perle auch einen unterdimensionierten Drachen am „Bandl” – wie es die kappadokische „Jungfrau” Margaretha wohl auch mit ihrem Heros Georg tat (oben über der linken Schulter der "Domina" ganz klein im Bildhintergrund)! Und neben diesen Insignien finden sich an den diversen Bildern und Statuen des Madls natürlich auch die alten Bethen-Symbole Palmzweig, Krone und Buch. Wozu im speziellen Falle – und in Verbindung mit Barbara/Borbeth – schließlich noch der Kelch kommt, die kleinere Ausgabe des Kessels der Fülle, des Lebens und der Wiedergeburt (Auferstehung)!

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#40
17. August 2009, um 08:45:32 Uhr

Bevor das Christentum im 4. Jahrhundert politisch instrumentalisiert wurde und zur Staatsreligion geriet war Maria - entsprechend der Rolle der Frau im Römischen Reich - kaum Gegenstand besonderer Verehrung oder Auseinandersetzung. Erst als es dann galt, die Untertanen der Kaiser „auf Teufel komm raus” katholisch zu machen, denen ja nun alle anderen Kulte bei Todesstrafe verboten waren, wurde es notwendig, sich in gewisser Weise auch den religiösen Vorstellungen jener anzupassen, die nach wie vor an dominanten weiblichen Gottheiten orientiert waren und von ihren Muttergöttinnen (Kybele, Isis, Artemis usw.) nicht lassen wollten. Hier musste für passenden „Ersatz” gesorgt werden, der den „Heiden” halbwegs vertraut und mit dem Christentum halbwegs kompatibel war.

Für diesen „Spagat” hatte schließlich - vom Osten des Reiches ausgehend - die le-gendäre Mutter Jesu, Mirjam oder Maria, herzuhalten. Wesentlich erschwert wur-de die Sache durch die heftigen Rivalitäts- und Machtkämpfe der höchsten Kir-chenfürsten um die wahre Auslegung der Heiligen Schrift, in denen besonders die Patriarchen von Konstantinopel und Alexandria, Antiochia und Rom aneinan-der gerieten. Wie zuerst über die Natur Christi (Gott, besonderer Mensch, erst Mensch dann Gott usw.) gerieten sie zu Beginn des 4. Jahrhunderts über die Natur Mariens (Gottes-Gebärerin oder „nur” Christus-Gebärerin) so heftig aneinander, dass sie sich nicht nur gegenseitig „exkommunizierten”, sondern in ihrem Streit die ideologische Basis des spätantiken Römischen Reiches und damit die Einheit des Staates gefährdeten.

Der Streit eskalierte vollends im Jahr 431, als ein von Kaiser Theodosius II. einbe-rufenes Konzil Klarheit schaffen sollte, das justament im ehemaligen Zentrum des Kultes der kleinasiatischen Großen Muttergöttin Artemis, in Ephesos, der Hauptstadt der Provinz Asia, stattfinden sollte, wo die Christengemeinde schon seit einiger Zeit ganze Arbeit geleistet, das Artemision, den prachtvollen Tempel der Artemis, dem Erdboden gleichgemacht und das Museion, die Hohe Schule der Antiken Großstadt, zur ersten Marien-Kirche der Welt umfunktioniert hatte. Der einstige Hort der Philosophie wurde zum Ort des Haders, Konzil genannt, der damit endete, dass sich nach monatelangen Kämpfen von rund 200 Bischöfen in Konzil und Gegenkonzil und dem Einsatz riesiger Bestechungssummen die Gottes-Gebärer-in-Fraktion durchsetzte und das bis heute gültige Dogma verkündete, Maria sei tatsächlich „Theotokos” (=Gottes-Gebärerin) gewesen.

Von der Magd zur „Waffe” gegen Muttergöttinnen   ^

Damit war aus der ehemaligen „Magd des Herrn” (Ancilla Domini) de facto die Gottes-Mutter und „Himmels-Königin” geworden - ein Rang, den in ihrem Kultzentrum Ephesos zuvor Artemis als Mutter aller Götter für sich beansprucht hatte. Die einst unschuldige Maria war von der machtbesessenen Funktionärs-Elite der spätantiken katholischen Kirche zur schärfsten Waffe gegen die alten Muttergöttinnen auserkoren und in der Stadt der Artemis in Stellung gebracht worden. Von zweideutiger Symbolik ist in diesem Zusammenhang die kolportierte Legende, Jungfrau Maria sei in Ephesos gestorben!


Santa Maria Maggiore, Rom, Inneres, Giovanni
Paolo Pannini, c.1730, Hermitage St. Petersburg    Mit dem Streich von Ephesos waren - vorerst im Osten des Römischen Rei-ches - nicht nur die alten „heidni-schen” Muttergöttinnen deklassiert worden. Das Christentum hatte sich mit seiner Gottes-Mutter nicht zuletzt selbst eine verkappte Mutter-Göttin gegeben. Wie immer beeilten sich die Bischöfe West-Roms die eigene über-ragende Bedeutung herauszustellen. So glänzte ab dem Jahr 440 auch Rom, die ehemalige Hauptstadt des Reiches, mit einer prächtigen Marien-Kirche, Santa Maria Maggiore, die zum Teil noch im Original erhalten ist und heute eine der vier Patriarchalbasiliken Roms darstellt.
 

Von Rom aus war es aber noch ein weiter Weg, bis Maria als Muttergöttin-Ersatz auch in den Ostalpen Fuß fassen konnte. Hier, und in den anderen Einflussgebie-ten der keltischen Bethen-Trinität hatten zuvor zahlreiche andere Ersatz-Göt-tinnen den Boden bereiten müssen. Die verzögerte Einführung der Maria hatte u.a. damit zu tun, dass den Kelten die Personifizierung und bildliche Darstellung ihrer Göttinnen ursprünglich fremd waren. (Wozu auch ein Bild von „Mutter Erde” oder der Göttinnen-Trinität!?) Die Religionsinhalte wurden viel mehr symbolisch - also eher abstrakt - und in rituellen Handlungen dargestellt. Und andererseits gab es auf regionaler, kleinräumiger Ebene, sozusagen für jedes Dorf und dessen Umfeld eine Unzahl von SchutzpatronInnen und „natürlichen” Erscheinungsformen des „Göttlichen”.

Marias ostalpine Vorkämpfer: Die „Nothelfer”   ^

In dieser „zersplitterten” Situation der keltisch geprägten Ostalpen war die römisch-katholische Maria anfänglich keine passende Lösung. (Hier stand noch abstrakter Zentralismus gegen konkrete Kleinräumigkeit.) Der Zugang erfolgte daher ursprünglich über die schon den ortsansässigen Kelten heiligen Orte in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, über Steine, Berge, Quellen, Bäume, Kreuzungen u.a. ehemals „heidnische” Kultplätze und Wallfahrtsziele, die durch einen (oft sehr oberfläch-lichen) Wechsel der SchutzpatronInnen bei zuerst annähernd gleichbleibender mythologischer Funktion okkupiert, also „christianisiert” wurden. Da stand in den Ostalpen über Jahrhunderte nicht Maria in der ersten Reihe, sondern die kaum mo-difizierte alte Bethen-Trinität - die sich im Laufe des Mittelalters zu den „Drei Heiligen Madln”, Katharina+Margaretha+ Barbara (K+M+B) wandelte - begleitet von diversen Heroen, vulgo Nothelfern, die sich von den „heidnischen” Vorgängern oft nur durch vorgeblich „christliche” Vornamen unterschieden.

So stand bereits einige Zeit die alte Frauen-Trinität in Gestalt von K+M+B auf den Altären, als es dort endlich gelang, die zentrale Nothelferin der Gebärenden und Nachfolgerin der keltischen Fruchtbarkeits- und Muttergöttin Ambeth, die Hl. Margaretha, durch die keusche Gottesmutter Maria zu ersetzen, die im Laufe ihres Siegeszuges mit Attributen ausgestattet worden war, die zu den wichtigsten Funktionen der keltischen Muttergöttin-Trinität brauchbare Parallelen aufweisen konnte. Die Mutter-Sohn-Beziehung, Mutter Gottes : Gottes Sohn, entsprach dem alten Schema von der (ewig „jungfräulichen”) Muttergöttin und ihrem He-ros-Sohn - mit dem kleinen großen Unterschied, dass die „heidnischen” Heroen auch die (temporären) Geliebten ihrer Mütter gewesen sind.


Isis mit Horus
Antike Griechische Statue Die häufige, von Isis ab-gekupferte, Darstellung der Gottesmutter, auf deren Schoß das Söhn-chen thront, war seit der Zeit der Pharaonen eine Metapher für die Inthro-nisation des Herrschers durch die Muttergöttin, die ihn erst zum Souverän machte. Die Legitimation der Herrschaft durch die Göttin gehörte auch bei den Kelten zum zentralen Glaubensgut und wurde in einem großen Fest als „Heilige Hochzeit” rituell und anschaulich nachvoll-zogen. (Vgl. Stift St.Peter und Die Weiße Frau) 
Maria mit Jesus, Fra Angelico, 1435-36, Museo Diocesano Cortona

Was die handfeste erotische Komponente des keltischen Rituals betraf, musste das diesbezüglich leibfeindliche Christentum mit seiner Magna Mater allerdings passen. („Das Christentum gab dem Eros Gift zu trinken; er starb nicht daran, aber er entartete zum Laster”. Friedrich Nietzsche) Die Folge waren die seltsamsten Eiertänze zum Thema Sexualität, die nicht nur auf „Abwege” führten, sondern sich zeitweise fanatisch entladen konnten.

Des ungeachtet besetzte Maria im Laufe der Zeit die wichtigsten Positionen in der mythologischen Zuständigkeit, im „christlich” gewendeten „heidnischen” Brauch-tum der Ostalpen, in den Festen im Jahreskreis, in der sakralen Infrastruktur (Kultplätze und Wallfahrtsziele). Doch bei näherem Hinsehen wird allüberall - von der Groß-Wallfahrt Mariazell bis zum kleinsten Frauen-Bründl, vom Großen (15. Aug.) und Kleinen Frauen-Tag (8. Sept.) bis zu Maria Lichtmess (2. Feb.), vom Frautragen bis zur Maiandacht - der keltische Hintergrund sichtbar. Wenn Sie z.B. erfahren, dass die Kirche vor der sie stehen Unserer Lieben Frau ... oder gar Unseren Lieben Frauen (!) ... geweiht ist, können Sie fast immer sicher sein: Hier regierte schon in keltischer Zeit eine besondere Liebe Frau, die weise, fruchtbare, beschützende und heilende Muttergöttin-Trinität unserer „heidnischen” Ahnen.

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#41
17. August 2009, um 08:48:03 Uhr

Was muss das für ein arroganter Kerl gewesen sein, dieser Martin! Hoch auf dem Ross zertrennt er seinen wertvollen Mantel und wirft dem frierenden Bettler einen - nun unbrauchbaren Fetzen mit nur einem Ärmel - zu Füßen! So dachte Klein-Georg im römisch-katholischen Religionsunterricht seiner Volksschulzeit, und so vermutlich hunderttausende SchülerInnen vor und nach ihm. Das war doch wohl keine Großtat heiliger Nächstenliebe gewesen, was Martin da getrieben haben soll, sondern eine schamlose Verspottung der Armut.

Doch als dieser Martin als Heiliger eingeführt worden ist, war eben keine Zeit für Schwächlinge. In den Fußstapfen der Römer waren an der Schwelle von der antiken Sklavenhaltergesellschaft zur mittelalterlichen Feudalherrschaft die Merowinger, Pippiniden, Karolinger und alle anderen geld- und machtgierigen Barbaren-Häuptlinge angetreten, sich mit Hilfe der monopolisierten römisch-katholischen Kirche, ihres Klerus und ihrer Heiligen - also mit Kreuz und Schwert - auf dem Rücken von Millionen Armen, Leibeigenen, Sklaven ein neues Weltreich blutig zusammen zu raffen. Da gehörte den Skrupellosen die Welt - und auch der Himmel.

Der später heilig gesprochene Massenmörder und Völkerschlächter, Karl, der Große (Kriegsverbrecher), schleppte auf seinen blutigen Zügen durch Europa nicht zufällig immer auch einige angebliche Martins-Reliquien mit sich - u.a. in einem Medaillon, von denen er sich gleich mehrere um den Hals hing. Und wie der Menschen Begleiter, der Hund, an jeder Ecke seine Markierung anbringt, so markierten die Karolinger die wichtigsten Kreuzungen in den eroberten Ländern - an denen zuvor röm. Straßenstationen bestanden - mit Kapellen (von lat. cappa = Mantel) für Martin, der zum geeigneten Schutzpatron der fränkischen Kriegshorden erklärt worden war. - Schließlich kommt Martin von lat. Martinus. Und das heißt eben: Sohn des Mars, des Kriegsgottes der (von den Franken bis zu Karls Caesar/Kaiser-Titel imitierten) antiken Römer!


Venus & Mars, Piero di Cosimo, 1590, Staatl. Museen Berlin

Das Interessante an der Sache mit Mars (und seinem Sohn Martinus): Der itali-sche Mars war ursprünglich gar kein „Krieger” und Totschläger, sondern ein bäuer-licher Wachstums- und Ackerbau-Gott, Heros und Geliebte der ehemaligen Frühlings-Göttin Venus. Das Paar stand also mythologisch für das (Wieder-) Erwachen der Natur und den ewigen Kreislauf des Lebens, für Geburt und Wiedergeburt.

Die Fruchtbarkeits-Komponente des Mars wurde sogar noch ins römisch besetzte Gallien, das spätere Aufmarschgebiet der Franken, exportiert. Davon zeugen dort diverse überlieferte Namen romanisierter Kelten-„Götter”, die ihre mythologischen Wurzeln in Cernunnos haben: So z.B. Mars Smertrios, Heros des (irdischen) Segens und des Verteilens - allerdings keine Fetzen; Mars Camulos, Heros des Pfluges (cam = gebogen = Pflug) und viele andere.

Ein relativ bäuerliches, ländlich abgeschiedenes Leben dürfte ursprünglich auch der Hl. Martinus geführt haben, von dem nicht sicher ist, ob - wie bei Nikolaus - der Name schon lange mythologischen Heiligenstatus genoss, bevor dieser einem (erfundenen oder realen) katholischen Kleriker umgehängt worden ist. Auch bei Martin scheint - allen Laternen-Umzügen und Gansl-Essen zum Trotz - in Wahrheit die Fiktion die Mutter des Heiligen gewesen zu sein. Den Vogel schoss dabei schon der willige Chronist der fränkischen Barbaren-Häuptlinge, Bischof Gregor von Tours (538 - 594) ab, der seinen „Förderern” eine Geschichte der Franken erfand, nach der die Merowinger just aus dem damals idealisierten Pannonien stammten. (Und weil bekanntlich „eine Hand die andere wäscht”, wurde umgekehrt Gregors Kirchenschatz in Tours immer größer.)

Martin kam vom Bethen-Stein  ^

Die ehemalige Römer-Provinz Pannonien war damals für Stammbäume „in”! So erhielt auch der legendäre katholische Heilige Martinus zum kriegerischen Namen ein passendes Bäumchen geschnitzt. Und weil der erste „christliche” Merowinger-Häuptling und Massenmörder Chlodwig seine, als Religionskriege deklarierten Raubzüge unter die Patronanz des bewaffneten Heiligen gestellt hatte, so musste natürlich auch dieser aus Pannonien stammen und Römischer Offizier gewesen sein! Interessanterweise geriet dabei gerade ein dominanter keltischer Kultort nahe der heutigen burgenländischen Grenze zum mythologischen Geburtsort des fiktiven Martinus: Szombathely, dt. St. Ambeth Ort, zu Kaisers Zeiten auch Stein am Anger genannt, nach dem Heiligen Stein des Bethenheiligtums. Das sollte aber in ehemals keltischen Ländern von Tours bis Linz und Deutsch Schützen kein Nachteil sein! Im Gegenteil! Noch heute tragen z.B. weit über 400 französische Dörfer und über 3000 Kirchen im Land Martins Namen!

Was die Gänse betrifft, kam Martinus zu diesem Attribut natürlich nicht deshalb, weil ihn diese der Legende nach verraten hätten, als er sich angeblich in Tours versteckt hatte, um nicht zum Bischof gemacht zu werden. Die Gänse zeugen vielmehr von feudaler Ausbeutung. Die schönsten hatten nämlich am Martinstag (11. November) an die weltlichen und geistlichen Feudalherren als zusätzlicher Tribut abgeliefert zu werden, auf dass sich die hohen Herren mit ihnen mästeten! Auch die Laternen-Umzüge der Kinder haben weniger mit Martin als mit dem Termin - knapp nach Samhain! - zu tun. Bevor die Kindergärten zuschlugen, dienten die Kinderumzüge von Haus zu Haus dem gleichen Zweck wie die heute sinnentleerten reaktivierten Halloween-Züge: Die Kinder brachten - wie zur Keltenzeit die Seelen und die Bethen - den besuchten Häusern Glück und erhielten zum Dank kleine Gaben!

Und wie er mit dem 11.11. in den Fasching geriet  ^

Als der Cernunnos-Ersatz Martinus - ursprünglich selbst ein potenter Frucht-barkeitsheros - bei uns etabliert wurde, ging der seit mehr als einem Jahrtausend gebräuchliche „Julianische Kalender” bereits rund zehn Tage vor, und nach der doch noch über Cäsar stehenden Zeitwahrheit der Sonne war an Martins Feiertag, dem 11. November, eigentlich gerade erst der 1. November - also Samhain, der Neujahrstag der Kelten, der größte Feiertag, der ausgelassen, sinnlich und berauschend gefeiert wurde. Da gabs nicht Fasten-Nacht, sondern das genaue Gegenteil davon. Zu dem Termin ließen die Kelten „die Sau raus”, und die lieben Gänschen, die sie je Hof bis auf ein Zucht-Paar schlachteten, um sie nicht durch den Winter füttern zu müssen, verputzten sie mit Genuss höchst dero selbst, statt feudaler Grafen, an deren Stelle sie auch selbst noch die Tänzchen wagten, zu denen statt rasierten Figaros bärtige Barden aufspielten! Amtliches Tanzverbot am „Allerheiligen-Tag” blieb späteren Etappen der kulturellen Entwicklung vorbehalten!

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#42
17. August 2009, um 08:53:48 Uhr

An ähnlich herausragenden Stellen, wie sie Georg als Kirchenpatron innehat, finden wir auch den zum „Erzengel” avancierten streitbaren Michael (W-Er ist wie Gott), ursprünglich ebenfalls Heros einer prähistorischen Muttergöttin, der zu seinen Symbolen genau so wie Frühlingsgegenpol Georg einen Drachen, vulgo Lindwurm, zählt. Dass er für Auferstehung und Wiedergeburt zuständig ist, zeigt Michael nicht nur in der Georgs-Legende, wo er den toten Märtyrer immer wieder zu neuem Leben erweckt.

Dieser Erzengel Michael ist an einschlägigen Symbolen geradezu überladen, und immer wieder geht es um „das Eine”, um die das Leben und die Wiedergeburt verheißende und sichernde Vereinigung von Himmel und Erde! Wie Dagda oder Hermes trägt Michael dazu einen Stab, der insbesondere auch den Blitz sym-bolisiert, der in vielen vorchristlichen Mythen für die lebensspendende Be-fruchtung der Erde verantwortlich gemacht wurde, der das Christentum aller-dings die zentrale „sündig erotische” Komponente nahm.

Einen starken Begleiter wie Hermes, Dagda oder Michael wünscht man sich jeden-falls seit Jahrtausenden, wenn der Tod naht. Und Michael ist daher auch eine christliche Version des klassischen „Seelen-Begleiters”. Glauben Sie aber nun nicht, der „Seelen-Wäger” hätte wenigstens ein Urheberrecht auf seine Waage. Die ist nämlich - wie sehr vieles im Christentum - ein Plagiat. Eine solche Seelen-Waage verwendete nämlich schon vor Michael ganz ungeniert der uralte Hermes, lange bevor ihn Cäsar für den obersten Gott der Kelten halten konnte. Michael ersetzte als Schutzpatron bei uns vor allem den keltischen Dagda bzw. Lug und sitzt nun an dessen Stelle auf Bergen, in Höhlen, an Quellen und an prähistorischen Wegkreuzungen, wo ihm nicht selten die dort errichteten bzw. aus keltischen Eremiten-Zellen hervorgegangenen katholischen Klöster geweiht sind.

Vom Seelenbegleiter zum Heerführer  ^

Schon der schlaue Kaiser Konstantin hatte sich Michael als Heilbringer eingesetzt und ihm die Rolle und die Kultplätze des antiken Heilergottes und Apollo-Nachfolgers Asklepios/Äskulap anvertraut (z.B. Asklepion-Michaelion in Byzanz). Erzengel Michael erhielt als „romanisierter” Dagda oder Belenus schon während der römischen Besatzungszeit auch in Noricum wichtige Tempel geweiht und den Boden für weitere Okkupationen bereitet. Zur Zeit Karls des angeblich Großen, der sich vor allem als Kriegsherr als würdiger Nachfolger antiker Cäsaren sah und sich zu Weihnachten 800 vom willigen Papst Leo III. in Rom mit Toga verkleidet zum neuen „Kaiser” krönen ließ, wurde der Kampfengel Michael schließlich zum Schutzheiligen der kriegslüsternen germanischen Franken erkoren. Ein Grund mehr, ihn auch in fränkisch beherrschten Ländern wie damals unseren Ostalpen über noch keltische Kultplätze zu pflanzen.

   Michael war erz-politisches Instru-ment. Während in Byzanz der glücklose Kaiser Michael I. am 10. Juli 813 gestürzt wird, krönt Kaiser Karl keine zwei Monate später in Aachen seinen Sohn Ludwig ohne Papst oder Geistlichkeit zum „Mitkaiser” und kaiserlichen Nachfolger. Statt einem, bzw. seit 800 zwei, gibt es nun theoretisch gleich drei „Römische Kaiser” auf einmal. Der jüngste der drei, der fränkische Mitkaiser Ludwig, wegen seiner engen Verbindungen zum hohen Klerus des Reiches auch „der Fromme” genannt, reißt sich nun den hochrangigen alten Erzengel Michael endgültig „unter den Nagel” und gestaltet mit ihm (und mit Hilfe seines machtbewussten Klerus) kur-zerhand gleich den Götterhimmel des „Christlichen Abendlandes” neu.

Abb. li.: Ludwig der Fromme
 

Auf einer Synode in Mainz macht Ludwig dazu noch im Jahr seiner Kaiserkrönung den Haudrauf Michael, den ehemaligen Schutzpatron des Volkes Israel, der laut Altem Testament sogar schon vor der Schöpfung agiert haben soll, zum Schutzherrn über jenes, nun von den Franken beherrschte, (westliche) „Römische Reich”, dessen designierter neuer Cäsar (Kaiser) er doch ist. Und in seiner nun beanspruchten Machtvollkommenheit bestimmt Ludwig, dass das Fest des nunmehr „fränkischen” Erzengels und himmlischen Heerführers Michael ab sofort „in der bisher der Verehrung des Wotan(!) geheiligten Woche von Herbstbeginn an” (konkret dann am 29. September) zu feiern sei.

qwelle diekelten.at

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#43
17. August 2009, um 08:55:34 Uhr

Ein „mythologischer Bruder” der Heroen Georg und Michael ist der zum Kinder-freund verharmloste Nikolaus, ehemals lykischer Wasser- und Fruchtbar-keits-Heros. Selbst die Legende vom frommen Bischof aus Myra enthüllt mehr als sie verbirgt. Dieser südtürkische Bischof soll nämlich justament in Patara geboren worden sein, dem ursprünglichen Ausgangspunkt des Apollon-Kultes. Und tatsächlich ist Nikolaus, dessen Name auch mit Nix und Nöck verwandt ist, ein kultischer Erbe von Apollon und seiner Großen Mutter Artemis/Diana, der in den Ostalpen im Gefolge der Kreuzzüge als Ersatz für einen Heros der Drei Bethen – von wegen 3 „Jungfrauen” – eingesetzt wurde.

Nikolaus angeblicher Geburtsort Patara war in der Antike eine Großstadt am kleinasiatischen Mittelmeerstrand und Haupthafen Lykiens. Wo sich heute noch eher wenig Touristen tummeln, war zu Nikolaus Zeiten der oben angesprochene mythologische „Bauchnabel” der Apollon-Verehrung, mit einem berühmtem Orakel und einem ebenso berühmten Hauptfest im Dezember! Der ostalpine Gabenbringer wurde daher sicher mit voller Absicht in die großen Fußstapfen des antiken Licht-, Weisheits- und Heilergottes Apollon gestellt, den Cäsar mit dem keltischen Belenus verglich!

Nikolaus als Hüter von Lebenrute und Gebärmutter  ^

Die drei(!) goldenen Äpfel auf dem Bethen-Buch des Nikolaus sind eindrückliche Symbole der Muttergöttinnen-Trinität und die Äpfel des Ewigen Lebens, die auch andere Heroen – von Herkules bis Arthus – immer wieder zu erringen trachteten. Der Sack des Bethen-Heros ist nur ein anderes Symbol für den Kessel der Fülle und der Wiedergeburt, die unerschöpfliche Matrix der Urmutter, zu der ihre Hüter, die Heroen und Sohngeliebten der Muttergöttin ihre eigenen fruchtbaren „Beutel” und „Butten” (zwei umgangssprachliche Begriffe für Hoden) zugesellen durften. Und auch die damit unmittelbar verbundene, Fruchtbarkeit verheißende, Rute (vgl. Barbarazweig) trug Nikolaus vor seiner makaberen Paarung mit dem christlichen Teufel (vulgo Krampus) selbst. (Mehr dazu auch unter Buttnmandl)

Nikolaus hat sich aber nicht nur im ostalpinen Brauchtum etabliert. Er war in erster Linie einer der frühesten Dompteure verteufelter „heidnischer” Gottheiten und ihrer heiligen Stätten. Wo heute in den Ostalpen Nikolauskirchen stehen, waren zur Keltenzeit zumeist bedeutende - Belenus, Juvenat oder Apfalter geweihte - Kultplätze, bei denen es um die (buchstäblich überlebenswichtigen) Themen Fruchtbarkeit und Ewiges Leben ging.

Wobei Nikolaus, ähnlich Michael oder Christophorus und insbesondere dem keltischen gehörnten Andersweltheros Cernunnos, auch die Rolle eines schützen-den Begleiters der Seelen der Verstorbenen und Garant für ihre Wiedergeburt zufiel. Noch heute bittet er auf hunderten Altarbildern die „Heilige Dreifaltigkeit”, die nunmehr allerdings männlich dargestellt wird, um die Auferstehung diverser von ihm präsentierter Leichname. Weil an den schiffbaren Gebirgsflüssen der Ostalpen darunter auch viele ertrunkene Schiffleute waren, fiel ihm mit seiner Wasser-Komponente auch gleich deren Schutz, und vor dem Johannes aus Nepomuk auch der der Brücken, zu.


Nikolaus rettet die Schiffbrüchigen, Lorenzo Monaco, 15.Jh., Gallerie dell´Accademia Venezia

Nikolaus als Oberhaupt der Kinderbringer  ^

In der lothringischen Stadt St.-Nicolas-de-Port, nahe Nancy, die sich rühmt, neben derzeit 41 geflügelten Kinderbringern (Störchen) seit dem 11. Jahrhundert auch einen Fingerknochen des Hl. Nikolaus zu besitzen, hat sich - trotz offizieller Abschaffung durch das II. Vatikanische Konzil - ein schöner Nikolausbrauch zu Pfingsten(!) erhalten: Jährlich am Pfingst-Montag(!) wird ausgelassen wie eh und jeh Nikolaus-Kir(ch)tag gefeiert, Kirmess mit obligatem Jahrmarkt-Angebot für (fast) alle Sinne!

Weil die Störche gerade auch in Frankreich um ihre verantwortungsvolle Aufgabe wissen, nisten sie in St.-Nicolas-de-Port direkt in der Pole-Position auf der Ni-kolaus-Basilika! Da leider nicht immer Pfingsten ist, laden wir Sie hier auf eine saisonunabhängige virtuelle Kurz-Visite zu Nikolaus und zu den cleveren Störchen von St.-Nicolas-de-Port bei Nancy ein. Auf der Homepage des französischen Städtchens wird allerding eine sehr makabere Geschichte zu Nikolaus Gabe aufgetischt, Tote zu neuem Leben erwecken zu können! (Vorsicht!)

Falls Sie ohnehin vor nichts zurückschrecken, hier noch ein „Schmankerl” zum Schluss: Eine Besonderheit, mit der selbst die aufgeschlossensten Nikolaus-Propa-gandisten der sogenannten Alten Welt nicht rechnen konnten, ist die unkeltische - aber für dortige Verhältnisse nicht untypische - Verwandlung, die dem Santa Claus zuletzt in der Neuen Welt widerfuhr! Wenn Sie selbst unter dem kommerzialisierten und verkitschten Aspekt mehr über „The Truth about Santa Claus” aus den USA erfahren wollen, versuchen Sie es halt im > St. Nicholas Center!)

Sollte Ihnen jetzt eher nach einem Guten Tropfen sein, können Sie mit Hilfe des fruchtbaren Wasser-Heiligen, der (warum immer) auch Patron der Wein-Händler(!) ist, hier zu guter Letzt noch einen passenden Wein-Tipp aus dem Schweizer Thurgau erhalten - Es muss ja nicht die Kreuzung des Herrn Müller sein
qwelle diekelten.at
mfg.zenzi


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(versteckt)Themen Schreiber
#44
17. August 2009, um 08:57:25 Uhr

Die vor Not Schützende, die Hl. Notburga, trägt zwar einen (althoch-) deutschen Namen - und (je nach regionaler Ausrichtung) einige mehr oder wenige abenteu-erliche bis abenteuerlich verharmloste Legenden -, doch ihre tiefen mythologi-schen Wurzeln gehen allem Anschein nach bis in die Jungsteinzeit zurück, als unsere Vorfahren sesshaft wurden, sich dem Ackerbau und der Nutzviehhaltung widmeten und eine nährende Große Erd-Muttergöttin verehrten.

Bevor wir uns jedoch Notburgas göttlichen prähistorischen Vorgängerinnen zu wenden, sehen wir uns zuerst im Alpenraum und in Süddeutschland um, was sich da alles an Notburgen angesammelt hat, was ihnen nachgesagt wird, was die Heiligen Frauen unterscheidet - und vor allem: was sie verbindet, miteinander und mit der Großen Erdmutter. Es begegnen uns dabei mindestens vier bis fünf Bürginnen gegen die Not und für das tägliche Brot.

Die dem Alpenraum nächste Notburga ist die so genannte Notburga von Rat-tenberg in Tirol. Sie soll dort um 1265 geboren und zu einem Leben als Magd bzw. Landarbeiterin verurteilt gewesen sein, bevor sie in Eben im Achental verschied und mit ihrem angeblichen Grab eine große Wallfahrt begründete.

   Notburga war wegen ihrer Freigebigkeit bei den Ar-men beliebt, denen sie gerne Brot zusteckte. Ihren Dienstgebern verursache sie andererseits vielfachen Ärger. Zu Zeiten als es noch lange keine Gewerk-schaft gab, soll sie es z.B. gewagt haben, sich einer Verlängerung der Arbeitszeit zu widersetzen! Als sie gezwungen werden sollte, nach Feierabend die Ern-tearbeit fort zu setzen, hängte sie statt dessen de-monstrativ ihre Sichel bei Seite. Da sich auf dem Kornfeld kein Nagel fand, nahm sie dafür kurzerhand einen Strahl der untergehenden Sonne.

Notburga von Rattenberg als Brotspenderin
Bild: catholic-forum.com
 

Eine weiter Notburga soll am Neckar gelebt haben: Notburga von Hochhausen. Diese Notburga, der sich auch die Gebrüder Grimm annahmen, war der Legende nach entweder die Tochter des örtlichen „Königs” von Hornberg am Neckar, oder gar die des Merowinger-Königs Dagobert II. von Austrasien. In beiden Fällen sollte die fromme Prinzessin gegen ihren Willen mit einem „heidnischen” Barbarenhäuptling verheiratet werden. Da sich das aber eine „Braut Christi” nicht bieten läßt, bleibt jeweils nur die Flucht - per weißem Hirsch - in eine abgeschiedene Höhle. Wobei dann auch der Hirsch oder die Hirschkuh (alt-geschwollen auch Hindin geheißen) für das tägliche Brot sorgt.

Vater stöbert sie schließlich auf, will Notburga aus der Höhle zerren, reißt ihr den gefassten Arm aus und verschwindet mit dem makabren Souvenir. Da kommt eine Schlange mit Heilkräutern und versorgt die Verstümmelte. Die Genesene lehrt den Anrainern und den Kriegern des Königs den Ackerbau und wird von diesen schon zu Lebzeiten als Heilige verehrt. Als Höhlenbewohnerin Notburga stirbt, tragen Engel ihre Seele gen Himmel, während sich zwei weiße Stiere um die Leiche kümmern und sie zur Bestattung dort hinfahren, wo heute unter dem Schloss Hornberg die Pfarr- und ehem. Wallfahrtskirche von Hochhausen am Neckar steht.


Hochhausen/Neckar mit Schloss Hornberg (li.) und Notburga-Kirche (m.), Aquatinta-Bild von 1842, Ökum. Heiligenlexikon

Eine dritte Notburga, die Notburga von Bühl im Klettgau, soll gar eine Königin aus Schottland gewesen sein, die dort nach dem Tod ihres Gatten Alboin (Daten unbekannt) vertrieben wurde und justament in den Schwarzwald kam, um hier im Einflussbereich des Klosters Rheinau - heute zur Schweiz gehörig - am 24. Juni 820 neun(!) Kinder gleichzeitig zur Welt zu bringen - wobei eins der Schottenkinder tot geboren wurde.

Patronin für Fruchtbarkeit und Kindersegen  ^

Weil es am Geburtsort kein Wasser zum Taufen der Königskinder gab, habe Mutter Notburga, künftige Patronin des Klettgaus, mit einem Stab einen Felsen berührt, worauf sich sofort eine Heilige Quelle ergoss. Prompt errichtete die kinderreiche Notburga am neuen Kultort eine Schule, eine Herberge und eine Kapelle, die der Bischof von Konstanz weihte, nachdem er im Jahre 832 herbeigeeilt war, um Notburgas acht verbliebene Sprösslinge zu firmen. Nach Notburgas Ableben soll ihr Grab in Bühl bald beliebtes (und für das Kloster Rheinau lukratives) Wallfahrtsziel geworden sein. Wobei sie insbesondere von schwangeren Frauen als Patronin für problemlose Entbindungen und Mehrlings-Geburten kontaktiert wurde.

Doch von den vielen Kindern noch einmal zu den vielen Notburgen: Wir haben da noch Notburga oder Noitburgis von Köln im Angebot, bevor wir uns endlich den Notburgi-Müttern zu wenden. Die Kölner Notburga soll eine Nichte von Pippin II. gewesen sein und ebenfalls lieber „Braut Christi” als Ehegattin eines Königs oder Fürsten des frühen oder „finsteren” Mittelalters. Frau Kutter (siehe Buchtipp am Ende des Beitrags) bezeichnet die legendäre Nonne, die um 700 im Kölner Marienstift ihrer Tante Plectrudis, Tochter Bischof Hugoberts von Maastricht und Witwe Pippin II., gelebt haben soll, als „farblose Frau”. Doch wir werden bald sehen, dass wir diese Kölner Notburga durchaus brauchen können, um unsere Entschlüsselung der Töchter der Erd- und Kornmutter mit ihrer schwarzen Seite zu vervollständigen.

Notburga von Köln soll unter anderem damit zu einer Familien-Heiligen der Pipinniden geworden sein, dass sie in ihrer beispiellosen Frömmigkeit in der Lage war, Tote wieder zum Leben zu erwecken. Wenn wir uns noch ihren Festtag ansehen, den 31. Oktober - also den Tag vor Samhain! - dann ist der Zusam-menhang klar: Die Kölner Notburga, deren Legende im 13. Jahrhundert formuliert wurde, symbolisiert jenen Aspekt, den in der Bethen-Trinität die dunkle Borbeth innehatte.

Mondfrau und Bethen-Ersatz Notburga   ^

Die Rattenberger Notburga, deren Verehrung in den Ostalpen bis nach Slowenien verbreitet ist, legt in ihrer Symbolik Bezüge zu uralten Erdmüttern, Mond-, Vegetations- und Ackerbau-Göttinnen bloß, zu denen u.a. auch Aeracura (Heracura) gehörte.

Ihre Sichel ist das verbindende Element für Licht, zyklische Fruchtbarkeit und Erntesegen. Was das Element Erde selbst betrifft, fiel es seit 1718 als Heilmittel in Eben am Achensee an, als man dort Notburgas Grab suchte und angeblich fand. Das Skelett, das man dabei ausgrub und auf den Hochaltar der Wallfahrtskirche stellte, soll allerdings männlich sein! Für Fruchtbarkeit und Gute Ernte wird jedenfalls in Eben bis heute jährlich am 13. September anlässlich einer Flur-Prozession eine Notburga-Statue durch die Felder getragen (siehe oben!), und im Sommer fanden Kraftspiele mit deutlichen keltischen Wurzeln statt.

Bild re.: Angebl. Notburga-Skelett in der Wallfahrtskirche Eben am Achensee
   

Die Notburga von Hochhausen reicht vermutlich ebenso bis in die Steinzeit zu-rück. Höhle, Schlange, Hirsch (-Kuh) und Stier sprechen mythologisch eine deutliche Sprache: Die Schlange ist das älteste Kennzeichen der Großen Erdmutter, Symbol für das ewige Leben im ununterbrochenen Kreislauf Geburt - Tod - (Wieder-) Geburt. Die Hirschkuh stammt als Symbol der Göttin noch aus der Zeit der steinzeitlichen Jäger und Sammler. Der Hirsch war den Kelten das Symbol für Cernunnos, den Heros der Muttergöttin und in ihrem Auftrag Herr der Tiere und der Anderswelt. Der Stier symbolisiert schließlich die strotzende Kraft des Heros und Sohngeliebten der Göttin, der bei der „Heiligen Hochzeit” zwischen Göttin und Heros, zwischen Priesterin und König eine zentrale Rolle spielte.

Mit der „schottischen” Notburga von Bühl, angebliche Witwe eines Fürsten Albion, schließt sich der Kreis. Bei ihren neun (3x3) Kindern geht es einerseits um die menschliche Fruchtbarkeit, andererseits um den damit in magischer Verbindung stehenden Mond. Nach Plutarch bezeichneten die ägyptischen Priester den Mond - in den meisten Sprachen übrigens weiblich, also: die Mond - als Mutter des Universums. Mond war zumeist ident mit Gottheit, Mutter, Seele, Verstand. Mond und Schöpfergöttin waren in vielen Kulturen ident. Die Priester der Dreifachen Erdmutter und Getreidegöttin Demeter (De-Meter), Göttin der Fruchtbarkeit und des Ackerbaus, wurden auch als „Söhne der Mondin” angesprochen.

   Als Trinität trat Demeter - deren Kult starken Ein-fluss auf das Früh-Christentum ausübte - sowohl zu-sammen mit Io (die weiße Kuh) und Hera auf, als auch in Gestalt von Kore (Mondjungfrau und Korn-mädchen), Persephone (Göttin des Wachstums) und Hekate (Göttin der Nacht und Bauch der Erde), die wiederum auffällige Parallelen mit den Drei Bethen Wilbeth, Ambeth und Borbeth hatten. Wobei gerade die „schottische” Notburga von Bühl auch der irischen Muttergöttin Brigid auffällig nahe ist: Notburga wird in Bühl am 26. Jänner gefeiert, die inselkeltische Brigid sechs Tage danach, zu Imbolc, am 1. Februar.

Abb.li.: Demeter & Persephone mit Triptolemeus, Louvre Paris
 

Apropos Insel-Kelten: Albion dürfte vermutlich nicht der Name von Mutter Notburgas konturlosem „schottischen” Gatten gewesen sein, sondern ursprünglich einer ihrer vielen eigenen! Albion, eine keltische Bezeichnung für die Britischen Inseln, ist nämlich weiblichen(!) Geschlechts und bedeutete wörtlich soviel wie milchweißes Rind bzw. Mondgöttin! Hat doch Notburga sicher - wie damals alle schottischen Mädchen - wenn schon nicht zu Samhain, dann an einem Vollmond-Tag geheiratet! Dazu mehr in der wild wuchernden Mond-Kalender-Literatur, für die wir hier aus guten Gründen nicht werben wollen!

Doch damit zuletzt der Bezug der Notburgen zur festlandkeltischen Bethen-Trinität auch kalendarisch bezeugt ist: Nach den Festtagen 13., 14. und 15. September folgt bekanntlich der 16. September - bis zum Zweiten Vatikanum der offizielle katho-lische Festtag für Wilbeth, Ambeth und Borbeth! (Alle dem ehemaligen herbstlichen Termin der Großen Mysterien der Demeter nahe, die im Römischen Reich der Nährpflanzen- und Ackerbaugöttin Ceres, Schutzgöttin der Ehe, entsprach!) Noch Fragen? Wenn nicht, gönnen Sie sich zum Frühstück ein Croissant - benannt nach der zunehmenden Mondsichel - oder ein alt-österreichisches Kipferl, ein Gebäck, das (von wegen „Türken”!) haargenau den selben symbolischen Ursprung hat.


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