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Geschrieben von {author} Wir kennen die Geheimnisse der römischen Kochkunst aus zahlreichen Quellen relativ genau. Die wichtigste ist natürlich das römische Kochbuch des Apicius, bei dem es sich zugleich um das älteste vollständig überlieferte Kochbuch handelt. Es wurde wahrscheinlich im 3. oder 4. Jahrhundert n. Chr. unter dem Namen des berühmten Gourmets, Rezept-erfinders und Veranstalters extravaganter Kochevents Marcus Gavius Apicius, eines Zeitgenossen von Kaiser Tiberius, zusammengestellt und veröffentlicht, geht aber zweifellos auf ältere Rezeptsammlungen, möglicherweise sogar auf ein oder mehrere Werke von Apicius selbst zurück. Von diesem ersten und umfangreichsten lateinischen Kochbuch sind zwei Abschriften aus dem 9. Jahrhundert erhalten geblieben. Eine davon befindet sich in den Vatikanischen Bibliotheken, die andere in der Manuskriptsammlung der New York Academy of Medicine. Wenn hier vom »römischen Kochbuch« die Rede ist, ist diese Abschrift von Apicius gemeint. Bereits einige Jahrhunderte vor Apicius hatte Cato der Ältere für sein Landwirtschaftslehrbuch De agri cultura einige Rezepte zusammengestellt. Viele andere Stellen der römischen Literatur klären uns über die beliebtesten Leckerbissen, die Tischsitten, verwendete Zutaten usw. auf, so dass wir uns von den Speisen im alten Rom ein ziemlich genaues Bild machen können. Dennoch müssen wir, um auf den echten römischen Geschmack zu kommen, uns selbst in der Küche betätigen und versuchen, die originalen Rezepte nachzukochen. Dass wir dazu moderne Hilfsmittel benutzen können, vereinfacht die Sache erheblich. Lediglich den Mörser benötigen wir gelegentlich zur Vorbereitung von Gewürzmischungen für die Saucen. Eine gewisse Schwierigkeit ist, dass sich auf dem Gebiet der Nutzpflanzen und -tiere durch die unermüdliche Arbeit der Landwirte und ihre Erfolge bei der Zucht neuer Sorten bzw. Arten in den dazwischenliegenden Jahrhunderten so viel verändert hat, dass wir bei einigen Zutaten große Mühe hätten, sie in der Form zu beschaffen, die sie im kaiserzeitlichen Rom hatten. Hennen legen heute größere Eier, Kohlköpfe sind schwerer, Lauchstangen dicker, als sie es damals waren. Viele Speisen und Zubereitungen haben sich aber offensichtlich bewährt, so dass wir sie auch in unserer Zeit noch ganz ähnlich zubereiten. Natürlich fehlten in der römischen Küche einige Zutaten, die unseren Speisezettel erst seit der Entdeckung Amerikas bereichern, wie etwa die Kartoffel oder die Tomate, aber dieser Umstand wirkt sich auf die Vielfalt der römischen Küche kaum aus. Ein viel entscheidenderer Unterschied zwischen der römischen und der modernen europäischen Küche resultiert aus der Art der Verwendung bestimmter Zutaten: Zucker wurde im Rom der Kaiserzeit noch nicht zum Süßen benutzt. Stattdessen griff man zu Honig und Traubensirup. Mit Pfeffer, Liebstöckel, Koriander und Asant gingen die Römer wenig sparsam um und die Verwendung der römischen Fischsauce (oder ihrer modernen Entsprechungen) kostet uns eine gewisse Überwindung, obwohl wir uns mit allen diesen Zutaten über die asiatische Küche inzwischen fast wieder angefreundet haben. Die hier vorgestellten Rezepte wurden in relativ enger Anlehnung an den originalen Rezepttext aufbereitet. Da Mengenangaben zu einem großen Teil fehlen, sollte man sich bei der genauen Dosierung der Gewürze ruhig durch seinen eigenen Geschmack leiten lassen. So kommt z. B. die häufig starke Pfeffernote nicht bei jedem gut an. Aus den wenigen Rezepten mit genauen Mengenangaben können wir aber ableiten, dass die Römer tatsächlich relativ scharf gewürzte Speisen auftischten. Auch das zum Salzen meist verwendete Liquamen, das in den Mengenangaben in den Rezepten in diesem Buch durch die fast identisch hergestellte italienische Colatura di Alici ersetzt wurde, ist nicht jedermanns Sache. Man darf sie aber getrost durch eine entsprechende Menge Salz ersetzen. |
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