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 Heute gießen wir uns ein DEUS -"S" -Gestänge

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Avatar  Heute gießen wir uns ein DEUS -"S" -Gestänge  (Gelesen 2074 mal) 0
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(versteckt)Themen Schreiber
#0
12. Februar 2014, um 23:17:45 Uhr

Hallo,

hatte jetzt ein paar Tage Muße und zum rausgehen ist es hier zu naß...

Also Bastelstunde.

Heute aus dem Kochstudio: lecker Gestängeauflauf!

Angefangen hat es damit, daß ich vor einer Weile ein Zeichenbrett, wie es technische Zeichner verwenden, ausgeschlachtet habe. Irgendwie und für irgendwas brauchbar erschien mir eine Zahnradkupplung, bestehend aus zwei Kronrädern, die ineineinder greifen und eine trennbare, formschlüssige Verbindung darstellen. Dachte mir, ist vielleicht mal ganz praktisch für einen Klappgriff eines Gestänges. Leider mit 40mm Durchmesser recht groß, noch dazu aus Eisen und somit eigentlich zu schwer...

Da ich aber einen kleinen Emaillierofen habe, den ich für Restaurationen mal in der Bucht geschossen habe (ich erwärme damit verbogene Erkennungsmarken um sie gerade zu richten), habe ich kurzerhand die Zahnräder aus Alu nachgegossen. Ölgebundenen Formsand gibt's günstig im Netz und eine trennbare Form habe ich mir aus zwei Vierkantrohrabschnitten  zusammengebastelt. Als Rohmaterial habe ich Duraluminium genommen. Reste vom Gestängematerial und Blechabfälle aus Schwiegervater's Werkstatt.

Bild 1 zeigt:
oben links die in den Formsand gedrückten Eisenräder, soweit abgeändert, wie ich sie gern in Alu hätte
oben rechts den Schrott aus Duraluminium
dann die entfernten Räder vor dem zusammenfügen der Form
darunter das Ganze nach dem Guß
linke Reihe drunter die überdrehten, verputzten Räder. Mittig eine Edelstahlnabe eingenietet und zwischen den Rädern eine Feder, die die Kupplung beim lösen der Mittelschraube öffnet.
Rechts das unterste Bild zeigt den Guß eines der vier Gelenke, zusammen mit dem Holzmodell zum Abformen.

Insgesamt habe ich 10 Gußteile benötigt - 4 Kronräder, 4 Gelenke, 1 Armstützenträger und eine Halterung für das Fernbedienungs-Einschubgehäuse. 

Bild 2 zeigt:
oben links die Halterung der FB im Detail, aus Alublech gebogen und rückseitig mit Vollnieten zusammengenietet. Festgeschraubt am gegossenen Halter. Schön zu sehen: die M4er Schraube in der M8er Schraube. Sie verhindert, daß man die Flügelmutter ganz abschrauben kann (Verlustgefahr).
Darunter zwei Bilder mit verschiedenen Griffwinkeln, fast beliebig variierbar. Im unteren Bild nochmal die Holzmodelle, die ich abgegossen habe.
Rechts das Ganze in voller Größe. Der Handgriff aus gewebearmierten  3/4"-Schlauch kommt erst drann, wenn ich die Teile eloxiert habe. Aber dafür muß ich mir erst die vier notwendigen Bäder wieder einrichten...

Bild 3 zeigt:
den Mist zusammengeklappt. Packmaß sind ca. 60cm, reicht für meinen Rucksack.

Bild 4 zeigt:
die Entstehung der Armstütze aus PE - Kunststoff. Ausgesägt aus einer 6mm Platte, 15 Minuten bei 100° im Backofen aufgeweicht und im heißen Zustand über einem Stahlrohrabschnitt mit Schraubzwingen fixiert.

Die Teleskopstange wie gehabt von Lewi, die Unterstange ist von White's, auf XP-Maß umadaptiert. Ob der Ständer so bleibt, weiß ich noch nicht, vielleicht fällt mir noch etwas eleganteres ein.

Lohnt sich der Aufwand?:

Nö, nicht die Bohne. Aber hat Spaß gemacht und ist irgendwie mal etwas anderes. Immerhin mal ein S-Gestänge mit vergleichsweise reduziertem Packmaß und der Möglichkeit, den Griffwinkel zu verändern, was sonst ja nie geht.
Futuristisch sieht das Gelump ja auch irgendwie aus.
Ob die S-Form Vorteile hat zu meinen bisherigen Gestängen muß ich erst noch herausfinden. Aber dazu muß es erst, sauber verschliffen, eloxiert und eingefärbt sein...

Grüße,
Dierk


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Armstütze.jpg
Hirth geklappt.jpg
Hirth offen.jpg
Hirthverzahnung.jpg
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#1
13. Februar 2014, um 00:17:56 Uhr

Gefällt mir diese Variante und wie sieht es mit dem Gewicht aus und der Balance. Gedanken macht sich ja fast Jeder, meist scheitert es an der Umsetzung( Materialwahl, Werkzeug und Zeit). Also ich find es als gelungen und warte auf den Bericht nach dem Praxiseinsatz.

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#2
13. Februar 2014, um 06:31:25 Uhr

Ziemlich futuristisch.... Science Fiction pur....fehlt nur noch der Laser für's Nachtsondeln  Zwinkernd


Das Gewicht wäre noch interessant......

Danke für's zeigen  Super


PS: bauen auf dem Spültisch wäre bei mir mit einer Menge Ärger verbunden  Grinsend

« Letzte Änderung: 13. Februar 2014, um 06:34:56 Uhr von (versteckt) »

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#3
13. Februar 2014, um 08:57:37 Uhr

Alle Achtung !

Da hast Du ja einen extremen Aufwand betrieben, sogar mit Alu-Guß  Respekt



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(versteckt)Themen Schreiber
#4
13. Februar 2014, um 09:03:05 Uhr

Hallo,

Geschrieben von Zitat von majestixXx
Das Gewicht wäre noch interessant......

PS: bauen auf dem Spültisch wäre bei mir mit einer Menge Ärger verbunden  Grinsend

naja, das Bauen auf der Spüle ist weniger das Problem. Geschimpft wird immer, wenn ich Kunststoff in den Backofen lege um ihn biegsam zu machen, meine lackierten Bauteile forciert trockne ("einbrenne"), oder, das absolute Schmankerl für die Frau: irgendwelche Eisenbrocken auf der  Herdplatte o. im Backofen in Paraffin einkochen (immerhin nutze ich einen ausrangierten Kochtopf, wenn es die Objektgröße zuläßt...
Da werde ich immer gelobt, besonders, wenn das Wachs versehentlich zu heiß wird und zu rauchen anfängt Tätscheln

Gewicht und Balance...
Habe ich eben mal geprüft und gegenüber gestellt zu meiner normalen Gestängeform, wie es bislang an Deus und GMaxx2 zum Einsatz kam.

Beide Bewertungspunkte gehen an die "alte" Konstruktion. Obwohl zuvor die Anbauteile aus 0,8er VA waren und nun bis auf die Schrauben nur Leichtmetall zum Einsatz kam, ist die neue Bauform 39g schwerer. Allerdings ist hier noch Potential zum leichtern da. Die Armstützhalterung könnte ich noch deutlich filigraner machen und evtl. die Gelenke dünnwandiger. Müßte mal empirisch prüfen, wie es mit der Bruchgefahr aussieht.

Auch die Balance ist bei Verwendung eines Gestänges ohne "S"-Form ganz deutlich besser, siehe Bild 2, Geräte frei hängend an einem Handrad meiner Drehbank.
Links die neue Generation, Mitte alte Variante ohne Pinpointer und rechts alte Form mit Pinpointer - noch etwas besser. Links im Hintergrund übrigens der besagte Emailierofen, in der Bucht unter 200€ zu bekommen.

Allerdings muß man fairnißhalber anmerken, daß der Deus ohnehin an schlechter Balance krankt. Hat er doch der schweren Spule wegen der fehlenden Elektronikbox nichts entgegenzusetzen, was die Kopflastigkeit begrenzt.

Was evtl. besser zu sein scheint, Vergleich "S" zu "_" -Form:
mit der "S"-Form scheint es leichter zu sein, die Spule parallel zum Boden zu führen. Bei der "_"-Form muß man aufpassen, daß man keinen Kreisbogen beim Schwenken beschreibt und die "Bodenhaftung" verliert. Ist aber auch Übungssache.

Mal sehen, ob sich's dennoch bewährt, oder eine Versuchs- und Übungsreihe bleibt.

Grüße,
Dierk


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Hirthverzahnung 002.jpg
Hirthverzahnung 005.jpg

« Letzte Änderung: 13. Februar 2014, um 09:08:02 Uhr von (versteckt) »

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(versteckt)
#5
13. Februar 2014, um 09:24:49 Uhr

Hallo Adebar,

so was aufwendiges habe ich ja noch nie gesehen Schockiert Wie hast Du das mit dem gießen hinbekommen? Dazu braucht man doch verdammt hohe Temperaturen?


Gruß,
Martin

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(versteckt)
#6
13. Februar 2014, um 10:05:09 Uhr

Respekt !!!

Und ne schicke Drehmaschine hat er auch

Ich hab ja leider nur ne kleine Ausgabe von Optimum aber muss ja auch keine Schiffskurbelwellen abdrehen

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(versteckt)Themen Schreiber
#7
13. Februar 2014, um 10:30:20 Uhr

Hallo,

Geschrieben von Zitat von Sondierer
Hallo Adebar,

so was aufwendiges habe ich ja noch nie gesehen Schockiert Wie hast Du das mit dem gießen hinbekommen? Dazu braucht man doch verdammt hohe Temperaturen?


Gruß,
Martin

nein, eigentlich nicht. Der Ofen macht bis zu 1200°, Alu schmilzt schon bei ca. 660°, Blei, Zink, Alu, Silber geht gut, Bronze und Messing je nach Legierung einigermaßen und Kupfer dauert gut 2h, bis es flüssig wird.
Habe aber schon selber Bronze legiert und für einen Freund ein Randleistenbeil und ein Absatzbeil im Sandgußverfahren nachgegossen, siehe Bilder.
Dabei ist das Schleifen und Polieren die Hauptarbeit.

Grüße,
Dierk


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Guss 001.jpg
Guss 003.jpg
Randleistenbeil.jpg
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(versteckt)
#8
13. Februar 2014, um 10:47:28 Uhr

Geschrieben von Zitat von Adebar
Hallo,

nein, eigentlich nicht. Der Ofen macht bis zu 1200°, Alu schmilzt schon bei ca. 660°, Blei, Zink, Alu, Silber geht gut, Bronze und Messing je nach Legierung einigermaßen und Kupfer dauert gut 2h, bis es flüssig wird.
Habe aber schon selber Bronze legiert und für einen Freund ein Randleistenbeil und ein Absatzbeil im Sandgußverfahren nachgegossen, siehe Bilder.
Dabei ist das Schleifen und Polieren die Hauptarbeit.

Grüße,
Dierk

Das ist ganz ganz großes Kino  Applaus Applaus Applaus

Danke fürs zeigen (auch das Gestänge  Zwinkernd )

Gruss Dennis

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#9
13. Februar 2014, um 10:53:49 Uhr

Was Du alles so kannst, Adebar, ist ja sagenhaft. Super

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(versteckt)Themen Schreiber
#10
13. Februar 2014, um 11:59:49 Uhr

Hallo noch mal,

das mit dem Gießen ist eigentlich nichts anderes als Zinnsoldaten gießen. Die Öfen gibt’s zuhauf, Gießrahmen und Sand bekommt man auch und Blechabfälle kriegt man ja notfalls auf dem Schrottplatz.

Etwas OT, hier noch ein weiteres Beispiel aus älterer Zeit.

Ein sehr guter Freund von mir sammelt ausschließlich Adlerskulpturen aller Epochen und Herkunft.
Häufig sind es nur unganze Relikte oder zerbröseln auf dem Postweg.

Hier ein Adler, bei dem Fuß und Sockel fehlten, und das HK hatte ein Bein eingebüßt.
Er fragte mich, „ob ich irgendetwas machen könnte, damit er ihn wenigstens in die Vitrine stellen könnte“…

Ich habe mich dann für eine arbeitsaufwendige Rekonstruktion entschieden, auch wenn das in keinem Verhältnis zum Wert und Anschaffungspreis stand…

Zunächst mußte für den unvollständigen Adler ein Holzmodell vom Adlerfuß nebst abgebrochenem HK-Teil erstellt werden, nach einem alten Bild aus einem Verkaufskatalog - siehe im Bild 1.

Das Holzmodell sieht man auf Bild 2 (etwas demoliert, nach Entnahme aus dem Sand).

Anschließend hatte ich seinerzeit extra dafür die Metallform, zweiteilig mit Einfülltrichter und Führungsstiften, zusammengeschweißt um den Formsand und das Modell aufnehmen zu können. Die gleiche Form, die ich jetzt immer noch verwende.
Darin habe ich das Holzmodell eingebettet (rechts oben, zweites Bild) und Steiger- und Luftkanäle einmodelliert.
Das Gußmaterial, Zink, habe ich aus Dachrinnenblech aus dem Schrottfundus vom Schwiegervater organisiert (untere Reihe, re. davon zusammengeschnipselt).
Geschmolzen habe ich's in einem Emailier-Muffelofen.

Das Bild 3 zeigt Bilder der Form nach dem Guß - von oben mit gefüllten Kanälen und nach dem Öffnen. Auf den ersten Blick so schlecht nicht.

Auf Bild 4 sieht man den verputzten Fuß, das abgebrochene HK im Detail und das HK nach dem Fräsen, um es überhaupt haltbar am Fuß verlöten zu können.
Dazu habe ich es halb abgefräst um eine größere Fläche zum Löten zu gewinnen.

Das nächste  Bild zeigt das Ergebnis - Fuß und Adler zusammengelötet, Lötstelle verputzt und Fuß geschwärzt (nach vorheriger Patinierung, damit bei Kratzern kein hellsilberes Material durchkommt).
Soweit ganz gut, fehlt nur noch die Grundplatte aus schwarzem Marmor. Gewindelöcher im Fuß für eine spätere Montage sind schon mal vorgerichtet.

Die Steinplatte besorgte mir ein Arbeitskollege bei einem Bekannten von ihm, der in einem Steinsetzerbetrieb arbeitet.
Problematisch war die Steinplatte mit sauberen Kanten und Fase hinzubekommen.
Nach einigem Grübeln habe ich meine Fräsmaschine umgestrickt und eine Diamantscheibe von der Flex passend gemacht siehe Bild 6
Um die Platte für die 45° Fase spannen zu können, mußte ich mir ein weiteres Hilfswerkzeug zusammenschweißen, hat aber auch geklappt.

Zwei alte Muttern fanden sich im Sammelsurium meines Schwiegervaters, neue hätten eher befremdend gewirkt...

Die Kanten wurden mit 1000er Schleifpapier vorpoliert dann gewachst und erneut poliert.

Bild 7 zeigt das Endergebnis.

Ich hätte noch weitere, schwachsinnige Arbeiten als Beispiel, was mit primitiven Mitteln so alles möglich ist – zum Beispiel aus dem Bereich der Blechprägearbeit…

Grüße,
Dierk



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#11
13. Februar 2014, um 12:09:29 Uhr

Geschrieben von Zitat von Adebar
Ich hätte noch weitere, schwachsinnige Arbeiten als Beispiel, was mit primitiven Mitteln so alles möglich ist – zum Beispiel aus dem Bereich der Blechprägearbeit…

Grüße,
Dierk


dann lass dich nicht stören ich kann von solchen berichten nie genug kriegen Smiley

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#12
13. Februar 2014, um 13:10:42 Uhr

ist sehr fotoristisch
wenn man den Aufwand sieht den Du betreibst,mußt viel Zeit haben.
Dein Gerät ist wirklich gut Respekt.
Aber auch weit von einem Praktisch zu transportierende Gestänge weg.
Wenn ich mal so Pi mal Daumen rechne
ist es Teurer wie das Original.
Aber mach weiter die Beiträge sind Interessant.
Gruß

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#13
13. Februar 2014, um 13:20:09 Uhr

Ich freue mich auch über weitere Berichte. Habe selber 2 linke Hände und alles Daumen... Unentschlossen

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(versteckt)Themen Schreiber
#14
13. Februar 2014, um 13:56:17 Uhr

Hallo,

also gut, auch wenn es endgültig am Ursprungsthemal vorbei läuft, drei weitere Beispiele für Heimarbeit mit begrenzten Mitteln.

Zunächst einmal mal zwei Koppelschlösser, welche ich (von der Auflage abgesehen) VOLLSTÄNDIG selbst hergestellt habe, d.h. Schloßkörper, Dornhülse, Dornnagel, Lederwiderhalt und Hakenfang wurden von mir „nachempfunden“. Die KS – Auflagen gibt es so als Repro zu kaufen, allerdings z.T. nicht ausgestanzt (habe ich mit einer Nadelfeile herausgearbeitet).

Zur Motivlage:
1.)Ich trage WK1-Koppelschlösser, seit ich 15 Jahre alt bin, mittlerweile finde ich es aber zu schade, Originalteile zu verschleißen und wollte daher ein paar Repros zum benutzen, für diesen Mist aber nicht viel Geld ausgeben.

2.)Ich habe in einem KS- Buch das Bild einer Prägeform für Schlösser gesehen und mich gefragt, ob es möglich ist, mit primitiven Mitteln so etwas nachzubauen. Denn wenn das geht, kann das jeder halbwegs versierte Werkzeugmacher in Tschechien usw. erst recht ! Auch habe ich früher meine KS restauriert (z.B. wenn es total verbeult war), mache ich aber heute nur noch in speziellen Ausnahmefällen.
Habe mir also kurzerhand aus Stahlschrott eine Matritze zurechgemacht um die Längs- und Querbiegung pressen zu können.
Gepresst wurde mit einer 20 Tonnenpresse, zusammengeschweißt aus einem Wagenheber und Doppel-T-Trägern.
Bilder der Werkzeuge und Presse könnte ich machen, muß nur schauen, wo ich die Prägeformen hin habe…

Das Ergebnis war so schlecht nicht.

Erster Versuch, ist ein Mecklenburg-Schwerin Koppelschloß M95. Das Neusilberemblem ist nur von mittlerer Qualität, man sieht es im Vergleich zu einem Originalstück.
Das Messingblech für den Körper und das Messingrohr für die Dornhülse stammen vom Schrottplatz. Als „Schnittmuster“ habe ich kurzerhand ein modernes Feuerwehrschloß „plattgeklopft“ und den Rohling dann einfach aus 1mm-Messingblech ausgeschnitten. Der „U“-Förmige Teil der Dornhülse u. der Hakenfang aus einem Hartlot – Stab. Die Dornhülse ist mit einem feinen Sägeblatt aufgeschnitten und wieder hart verlötet (Originale haben immer eine Naht an dieser Stelle). Der Dornnagel ist ein normaler Holznagel mit umgeschmiedetem Kopf. Den Lederwiderhalt habe ich aus einer kompletten Haut rausgeschnitten und mit gewachstem Garn vernäht.
Die „Patina“ bei Messing und Leder ist chemisch erzeugt. Die Anleitung dazu entstammt einem älteren Chemielehrbuch aus der ex. DDR. In die Details möchte ich nicht gehen, um keine Anleitung für „kommerzielle Kujau’s“ zu schaffen.

Im Anschluß noch die Bilder eines Telegraphenschlosses, welches ich ebenfalls versuchsweise gefertígt habe. Es ist das Schloß, welches ich eigentlich täglich auftrage. Das Emblem ist echt, ein "Lesefund" aus der Coleuvreschlucht bei Verdun.
Ich habe es nicht patiniert, da ich es ja bevorzugt "einsetze". Die Maße habe ich von meinem preußischen Telegraphenschloß abgenommen.



So, nächste - ganz andere Baustelle.

Diesmal eine Lepine 4 Taschenuhr mit Zylinderhemmung und Ziffernblatt aus Silberblech, etwa von 1840. Leider fehlte der Staubschutzdeckel, der zwischen Gehäuse und Werk angebracht war.
Ich muß zugeben, daß mich das doch sehr störte. Aber, einen passenden Deckel zu bekommen, ist wohl ziemlich utopisch – es gab unzählige Hersteller, da passt nie ein Bauteil andernorts, daher habe ich nun einmal den Weg der Nachkostruktion eingeschlagen.

Muß sagen, hätte nicht geglaubt, daß das so schwierig wird.

Zunächst habe ich mit einem Zirkel ein rundes Stück Messingblech angerissen und beide Bohrungen für den Schlüssel angebracht Bild 1 oben links.

Als Nächstes habe ich eine Art Prägeform aus Aluminium angefertigt. Das Bild oben rechts zeigt die zweiteilige Form mit dem dazwischen liegendem Messingblech. Im oberen Teil der Form ist mittig ein kleiner Zapfen, welcher das Blech zentriert und auch mittig zum unteren Prägeformteil führt.

Alle weiteren Arbeitsschritte sind gemäß der Bildabfolge geschildert…

Nach dem Prägen mittels Presse, sieht das entstandene "Näpfchen" ja nun schon einmal einem Staubdeckel relativ ähnlich. In die untere Prägeform habe ich nun zwei Gewinde eingeschnitten, damit der Deckel schön fixiert bleibt, währen ich den Rand überdrehe und auch die Nut eindrehe, damit der Deckel später auch einrastet.
Das war die problematischste Arbeit - das Blech ist ja nur 5 Zehntel stark, habe mehrere Deckel zerstört, weil ich mit dem Drehmeißel zu weit nach außen gekommen bin und den Rand quasi abgeschnitten habe. Den Ausschuß sieht man später neben der fertigen Uhr...

Der nächste Schritt war dann das Anfertigen des Scharnierbolzens aus Messingdraht. Mit der Drehmaschine ging das nicht,zu dünn und weicht aus - also habe ich den Draht weitgehend am Schleifbock geschwächt und den Rest mit der Schlüsselfeile egalisiert. Ich habe ihn extra lang gelassen, damit ich ihn besser handhaben kann zum probieren und weiterbehandeln.

Nun habe ich das Deckelscharnier angefertigt. Dazu habe ich ein Messingklötzchen durchbohrt (0,6 mm) und dabei gleich drei Bohrer "verheizt", meine alte Ständerbohrmaschine läuft nicht mehr 100 %ig zentrisch, was diese feinen Bohrer überhaupt nicht mögen.
Dann habe ich sozusagen um das Loch herum das Scharnier ausgefeilt.
Nun den Deckel aufgedrückt. Als es paßte, habe ich eine Markierung gemacht, damit das Scharnier später richtig sitzt

Nun wurde das Scharnier mit einer Klemme fixiert und aufgelötet, zuvor habe ich beide Teile vorverzinnt

Nun habe ich den Scharnierstift angefeilt, damit ich ihn nach der Montage abbrechen konnte

Die letzten Bilder zeigen Endergebnis nach der Reinigung des Deckels, eine sonst übliche Gravur lasse ich weg, es soll sichtbar bleiben, dass der Deckel ergänzt wurde.


Letztes Beispiel, wieder eine Taschenuhr.
Diesmal war eine Blattfeder des Kronenaufzuges gebrochen und Ersatz nicht zu bekommen.
Also: anfertigen.
Aus weichem Stahl und dann härten geht schlecht, meistens wird der Stahl dann zu spröde und bricht. Also habe ich ein Eisensägeblatt als Grundmaterial verwendet, hart, aber flexibel.

Gebohrt mit einem schlank geschliffenen Widia-Steinbohrer und um das Loch herum die Feder ausgearbeitet. Die Feder hat eine Länge von nur 3-4mm!

Das Bild zeigt den Werdegang von oben nach unten. Erstes Bild dabei die gebrochene Originalfeder. Herausgearbeit wurde sie mit der Flex und Diamantfeilen, sonst nix.

Nach der Politur das letzte Bild zeigt sie montiert im Uhrwerk.

So, muß reichen…

Viele Grüße,
Dierk



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Blattfeder.jpg
Koppelschlösser.jpg
TU 1.jpg
TU 2.jpg

« Letzte Änderung: 13. Februar 2014, um 13:58:22 Uhr von (versteckt) »

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