Archäologie, Interview mit Egon Schallmayer vom Landesamt für Denkmalschutz Hessen
ZITAT aus Frankfurter Rundschau vom 22 oder 23.08.2007
"Die Guten ins Boot nehmen "
Egon Schallmayer (FR)
Schatzsucher, Raubgräber oder Hobbyarchäologen. Machen Sie da noch einen Unterschied?
Schatzsucher sind oft am Einzelobjekt interessiert und nicht am Fundzusammenhang, aus dem Archäologen wissenschaftliche Erkenntnisse ziehen. Man muss genau prüfen, wenn man ehrenamtliche Mitarbeiter aus der Schatzsucherszene rekrutiert und hinterfragen, ob sie gefundene Stücke meistbietend verkaufen wollen. Es gibt verschiedene Kategorien. Uns sind die am liebsten, die mit uns zusammenarbeiten wollen.
Was halten Sie von den privaten Sondengängern?
Sondengänger an sich sind weder gut noch böse. Wenn sie ohne Wissen des Grundeigentümers und Nachforschungsgenehmigung Funde bergen und verkaufen, können sie sich der Hehlerei oder Unterschlagung strafbar machen. Vielen ist das nicht klar. Aber ein mündiger Bürger sollte wissen, was er tut. Unwissenheit schützt vor Schaden nicht. Wir können uns vorstellen, so etwas wie einen Führerschein für Sonden einzuführen.
Wie wollen Sie die Schäden minimieren?
Wir operieren in Hessen auf einer gesetzlichen Grundlage, die kein Schatzregal kennt, wonach archäologische Funde eo ipso dem Land oder bei Grabungen durch das Amt, wenigsten dem Amt gehören. Hier gehören Funde zu einer Hälfte dem Finder und zur anderen dem Bodeneigentümer. Das gilt es zu überdenken.
Will Hessen das Schatzregal?
Das kleine Schatzregal wäre eine Kompromisslösung. Das große Schatzregal birgt die Gefahr, dass Leute, die nichts behalten dürfen, auch nichts mehr melden werden. Den klassischen Raubgräber, der aus der Sucht heraus agiert, kriegen sie ohnehin nicht kontrolliert.
Was ist mit der Ausbildung von passionierten Schatzsuchern?
Nachforschungen kann nur durchführen, wer eine denkmalfachliche Eignung hat. Die müssen wir prüfen. Dazu haben wir Kategorien entworfen, die juristisch nachvollziehbar sind. Wir legen Wert auf wissenschaftlich verwertbare Berichte. Wir wollen die Guten ins Boot nehmen und den Schlechten zeigen, wo sie falsch handeln.
Wie viele lizensierte Sondengänger verträgt Hessen?
Wir versuchen das zu steuern, indem wir den Leuten nur einen bestimmten Bereich zur Nachforschung zur Verfügung stellen. Das Land ist groß genug. Nach einer gewissen Zeit wird man sehen, dass sich die Spreu vom Weizen trennt.
Viele Schatzsucher fühlen sich zu Unrecht diffamiert.
Als aufgeklärter Mensch weiß ich, welche Rechte ich habe und kann nicht sagen: "Ich bin viel zu dumm, das alles zu kapieren." Was nicht heißt, dass ich die Faszination des Schatzsuchens, die man ja auch der Wissenschaft unterstellt, nicht verstehen kann.
Können Sie die bislang entstandenen Schäden beziffern?
Die ideellen Schäden sind enorm, wenn sie ein Fundstück aus ihrem Kontext reißen. Es gibt Berechnungen, die den materiellen Schaden im zwei-, bis dreistelligen Millionenbereich sehen. Das ist eine beträchtliche Summe an verlorenem Volksvermögen.
Interview: Sebastian Gehrmann
Hinzugefügt 17. Dezember 2010, um 21:42:57 Uhr:Der Beauftragte der Bundesregierung
für Kultur und Medien
Stresemannstraße 94
10963 Berlin
Bundesweite Einführung eines Schatzregals im § 984 BGB
Sehr geehrter Herr Staatsminister Neumann,
vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um die deutschlandweite
Einführung des Schatzregal möchten wir als Verband auf einige wichtige
Punkte hinweisen und Ihnen den breiten Erfahrungsschatz, den unsere
Mitglieder in der praktischen Anwendung dieser Regelung sammeln konnten,
zur Verfügung stellen.
Der Verband der Landesarchäologen hat anlässlich einer öffentlichen
Anhörung zum Kulturgutschutzgesetz vorgetragen, dass er seit vielen Jahren
vergeblich versucht die Bundesländer Bayern, Hessen und NordrheinWestfalen
dazu zu bewegen, eben dieses Schatzregal im Denkmalschutzgesetz
einzuführen.
Wie bereits mehrfach zuvor scheiterte eine entsprechende
Gesetzesinitiative 2003 im Bayerischen Landtag. Der Bayerische Landtag
sprach sich mehrheitlich gegen ein Schatzregal aus.
Bereits 2002 beschloss die FDPFraktion
im Rheinlandpfälzischen
Landtag
das Schatzregal abzuschaffen.
Auch der renommierte hessische Landesnumismatiker Prof. Niklot Klüßendorf
bezieht eindeutig Stellung gegen das Schatzregal und "...hat schon 1992
überzeugende pragmatische Bedenken gegen das Schatzregal artikuliert.“
(Quelle: Dr. Klaus Graf, Universität Freiburg/ Rezension des Buches von
Ralf Fischer zu Cramburg: Das Schatzregal. Der obrigkeitliche Anspruch auf
das Eigentum an Schatzfunden in den deutschen Rechten/
HoehrGrenzhausen:
Numismatischer Verlag Gerd Martin Forneck 2001)
Der Rechtsanwalt Ralf Fischer zu Cramburg hat sich eingehend mit dem
Schatzregal befasst und kommt zu dem Schluss, dass ein Schatzregal sowohl
gegen die Verfassung verstößt, als auch kontraproduktiv für den
Denkmalschutz selbst ist.
Ein Schatzregal bewirkt, dass die meisten Entdecker archäologischer
Bodenfunde diese nicht den Denkmalschutzbehörden melden, weil sie Angst
haben, dass ihnen der Fund entzogen wird.
So werden z.B. in BadenWürttemberg,
dort gibt es ein Schatzregal, so gut
wie keine archäologischen Bodenfunde den Denkmalschutzbehörden gemeldet.
In Hessen dagegen, dort gilt der § 984 BGB, wurden in den letzten Jahren
11 Münzschatzfunde mit über 8000 Silbermünzen und 17 Goldmünzen gemeldet.
Weiterhin wurde die Entdeckung einer spätantiken alemannischen Siedlung
mit eigener Münzprägestätte, mehrere bronzezeitliche Schatzfunde sowie
eine Vielzahl von Einzelfunden (wie römische Goldringe, bronzezeitliche
Beile, römische Fibeln) gemeldet. Alle diese Funde wurden nachweislich in
Hessen entdeckt und wurden nicht, wie einige Archäologen gerne zur
Begründung der Notwendigkeit eines Schatzregals argumentieren, in anderen
Bundesländern entdeckt und in Hessen gemeldet.
Statt die Einführung eines Schatzregals zu forcieren, würde die
Abschaffung des Schatzregals in den Denkmalschutzgesetzen der Bundesländer
die Archäologie einen wichtigen Schritt weiterbringen und es würden ihnen
nicht mehr so viele archäologischen Bodenfunde für eine wissenschaftliche
Auswertung vorenthalten werden.
Auf ein weiteres Problem möchten wir Sie aufmerksam machen.
Großbritannien und Dänemark haben schon vor vielen Jahren verbindliche
Regeln geschaffen um die Nachforschung nach archäologischen Bodenfunden zu
regeln und so die illegale Suche zu unterbinden.
Statt eines Schatzregals gibt es in Großbritannien den "Treasure Act".
Damit wird ganz genau geregelt, wann ein archäologischer Bodenfund wegen
seiner herausragenden wissenschaftlichen Bedeutung einzuziehen ist und
wie die Höhe der Entschädigung für den Entdecker ermittelt wird.
Ihr britischer Kollege, der Kulturminister David Lammy, äußerte sich
überaus positiv zur Zusammenarbeit der Sondengänger mit den
Denkmalschutzbehörden und unterstreicht den wichtigen Beitrag, den
Sondengänger für die Erforschung der britischen Geschichte erbringen.
Wir bitten Sie, sich mit der Problematik Schatzregal umfassend
auseinanderzusetzen und dazu auch die Vertreter von ca. 30.000
ehrenamtlichen Geländebegehern, Heimatforschern und Sondengängern
anzuhören.
Dies soll die Notwendigkeit verdeutlichen, dass in diesen Fragen durchaus
dringender Handlungsbedarf besteht. Im Sinne einer praktikablen Lösung
stellen wir Ihnen gerne unsere Kenntnisse zur Verfügung und beantworten
weitere Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
Der Vorstand
Verband Deutscher Sondengänger & Heimatforscher e.V
Schützenstraße 25
96242 Sonnefeld
Telefon: +49 9562 502585
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Hinzugefügt 17. Dezember 2010, um 21:51:47 Uhr: Quelle: Denkmalpflege 3-2008, S. 2 ff, (Auszug), Autor: Egon Schallmayer
Die Idee des § 984 BGB, dass der Eigentümer der verborgenen Sache und deren Entdecker Miteigentümer des Schatzes werden, geht auf das römische Recht zurück und wird "hadrianische Teilung" genannt. In der Praxis ergibt sich durch die allein mögliche Anwendung des Schatzfundparagrafen in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen, dass z. B. selbst bei einer staatlichen Grabung das Land nur jeweils die Hälfte des Eigentums erwerben kann. Wenn man das Gesamtobjekt in öffentlichen Besitz bringen möchte, muss die andere Hälfte durch Abfindung hinzuerworben werden. Dies führte beispielsweise in Hessen im Fall der keltischen Fürstengräber vom Glauberg dazu, dass diese mittlerweile für die Landesbevölkerung ungemein Identität stiftenden Funde vom Land Hessen selbst mit viel Geld angekauft werden mussten. Damit ist der wohlmeinende Sinn des § 984 BGB ad absurdum geführt!
Im Fall der staatlichen Grabungen lässt sich in den meisten Fällen eine Eigentumsregelung finden, da die meisten Grabungen infolge öffentlicher Baumaßnahmen notwendig werden. Die Ei nigung mit den dabei beteiligten übrigen Trägem öffentlicher Belange führt in der Regel zu keinerlei Schwierigkeiten. Das zentrale Problem des Schatzfundparagrafen nach BGB stellt der Umstand dar, dass der gesetzliche Eigentumserwerb selbst dann eintritt, wenn die Bloßlegung, Entdeckung oder Besitzbegründung rechtswidrig war. "Unter der Herrschaft von § 984 BGB wird nämlich der ,Raubgräber' selbst als Krimineller bei gezielter Entdeckung durch den Entdeckeranteil sogar noch am Schatzfund belohnt. Die Schatzfund-Regelung in Deutschland begünstigt (ungewollt) den unerlaubten Umgang mit archäologischen Funden. Denn selbst in den Bundesländern mit Schatzregal bewirkt sie, dass die Belohnung des Täters nicht völlig auszuschließen ist, weil das Schatzregal der öffentlichen Hand grundsätzlich nur dann das Eigentum an einem Fund zuweist, wenn ausreichende inhaltliche Gründe vorliegen. Unabhängig davon "hinterlässt die Vorstellung, dass von der öffentlichen Hand finanzierte Ausgrabungen notwendigerweise zur privaten Gewinnmaximierung führen, weil für die dabei zutage getretenen Bodenfunde, sofern sie in eine öffentliche Sammlung gelangen sollen, Entschädigung gezahlt werden muss, nicht nur bei den Archäologen einen faden Nachgeschmack." Sie erscheint einfach abwegig! Die Juristen schlagen deshalb entweder die Einführung des Schatzregals in allen Landesdenkmalschutzgesetzen vor oder empfehlen eine Ergänzung des § 984 BGB dahingehend, dass nicht der ohne Genehmigung suchende, mit unerlaubten Mitteln arbeitende Finder, sondern der Staat bzw. das Land den Entdeckeranteil erhält. Hinzuzufügen wäre, dass bei einer staatlichen Grabung die andere Schatzhälfte auch dem Land gehören müsste.
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Hinzugefügt 17. Dezember 2010, um 22:06:21 Uhr:Sie haben nicht die Berechtigung Links zu sehen.
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